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Beratung und Methoden Ko-Kreation

Cynefin Framework

Ein einfacher Rahmen, um Probleme einzuordnen und passende Lösungswege zu beschreiten.

Inhaltsverzeichnis

  • Cynefin Framework

In der dynamischen Landschaft der landwirtschaftlichen Beratungsdienste ist es wahrscheinlich, immer wieder auch mit komplexen Herausforderungen konfrontiert zu werden. Hier kann das Cynefin-Framework von Dave Snowden ein nützliches Modell sein. Es stammt ursprünglich aus den Managementwissenschaften, ist aber auch für die Landwirtschaft relevant. Denn häufig haben wir es auch hier mit systemischen Herausforderungen zu tun, die sich mit den vertrauten Lösungswegen nicht lösen lassen.

Das Modell unterscheidet vier Kontexte: einfach, kompliziert, komplex und chaotisch. Je nach Kontext sind unterschiedliche Vorgehensweisen sinnvoll.

Einfach

In einfachen Kontexten (einfache Probleme) ist die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung leicht und ohne vertiefende Analyse erkennbar. Ereignisse bzw. Ergebnisse sind vorhersagbar. Es geht hier darum, sie wahrzunehmen, entsprechend einzuordnen und dementsprechend zu handeln. In einem solchen einfachen Kontext sind Best Practices das Mittel der Wahl. Beispiele dafür sind einfache Checklisten, Merkblätter oder Prozesse, die immer wieder angewandt werden können.

Kompliziert

Auch in komplizierten Kontexten (komplizierte Probleme) gibt es Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung. Sie sind jedoch nicht so offensichtlich wie in einfachen Kontexten. Um sie erkennen zu können, ist daher eine gewisse Erfahrung bzw. Expertise und Analyse notwendig. Es geht hier darum, die Situation wahrzunehmen, sie zu analysieren und dann entsprechend zu handeln. Hier hilft die „gute Praxis“, die sich aufgrund von Expertise und Erfahrung entwickelt hat. Ein Beispiel hierfür ist die Entnahme von Bodenproben und deren Untersuchung im Labor als Basis für eine den jeweiligen Standort angepasste Düngung. 

Komplex

In komplexen Kontexten bzw. bei komplexen Problemstellungen gibt es keine im vorhinein erkennbare Kausalität zwischen Ursache und Wirkung. Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind – wenn – nur in der Rückschau erkennbar. Daraus ergibt sich, dass wir im Vorhinein nicht wissen können, wie die beste Lösung für ein solches Problem aussehen könnte. Aus diesem Grund erfordern komplexe Herausforderungen ein sich gemeinsam an mögliche Lösungen herantastendes Vorgehen. So geht es darum, mögliche Lösungsansätze zu sondieren/zu testen, ohne dabei gleich alles auf Spiel zu setzen, wahrzunehmen, was diese bewirken und Muster zu erkennen und darauf aufbauend entsprechend zu handeln. Komplexe Kontexte erfordern also ein iteratives Vorgehen, bei dem gemeinsam mögliche Ansätze getestet werden, bis daraus passende Lösungen hervorgehen. Hier spricht man von „emergenter Praxis“.

In der Landwirtschaft kann man beispielsweise immer dann von komplexen Problemstellungen ausgehen, wenn die Herausforderung darin besteht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse auch in der Praxis ankommen, dort Wirkung entfalten und gesellschaftlich akzeptiert sein sollen. Bei Fragen wie dem Umgang mit dem Klimawandel, Schutz des Bodens oder dem Erhalt der Biodiversität ist das z.B. der Fall. All diese Fragen sind systemischer Natur und neben wissenschaftlichem Wissen sind insbesondere auch der (naturräumliche, wirtschaftliche, politische, gesellschaftliche/soziale, …) Kontext und das dafür relevante Wissen entscheidend, um zu tragfähigen Lösungen zu kommen. In einem solchen Kontext lassen sich Lösungen daher nur gemeinsam herantastend in einem inter- und transdisziplinaren Setting und gemeinsam mit den Betroffenen hervorbringen.

Chaotisch

In chaotischen Kontexten gibt der Zufall den Takt an. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Hier geht es darum zu handeln, die Wirkung zu erkennen – und zu reagieren, um die Situation zu stabilisieren. Katastrophen wie der Brand eines Stalls, Überschwemmungen oder auch der Beginn der Korona-Pandemie (Lockdown) sind Beispiele für solche Situationen.

Nicht-Wissen

In der Mitte gibt es die Position der „Unordnung“, des „Nicht-Wissens“. In diesem Feld befindet sich, wer sich noch nicht im Klaren darüber ist, wie eine Herausforderung eingeordnet werden sollte. Häufig ist es aber auch so, dass wir Probleme unreflektiert auf die uns vertraute Weise zu lösen versuchen. Wer zum Beispiel häufig mit simplen Problemen konfrontiert wird, wird Probleme auch mit der Logik der „best practices“ angehen und Prozesse optimieren oder Checklisten erarbeiten. Wer häufig mit komplizierten Problemen konfrontiert ist, wird bevorzugt auf Expertise und Analyse zurückgreifen, um Probleme zu lösen.

Der Kontext ist entscheidend

Das Cynefin-Framework kann als Kompass dienen, der dabei unterstützt, auf den jeweiligen Kontext abgestimmte Problemlösungsansätze zu wählen.

Fragen die ich mir stellen kann:

  • Mit welchem Problem haben wir es zu tun? (einfach, kompliziert, komplex, chaotisch)
  • Wie kann dem Problem entsprechend einen optimalen Lösungsweg gewählt werden?
  • Ist die Lösung bereits bekannt?
  • Kann ich die Situation selbst analysieren?
  • Kann ich die Entscheidung selbst treffen?
  • Wie stehen die Ursache und Wirkung zueinander? Ist die Beziehung zueinander noch erkennbar?
  • Hilft eine Analyse oder Expertenwissen, um das passende Vorgehen zu erkennen?
  • Habe ich den Kontext richtig eingeschätzt?
Impressum

Titelbild: AGRIDEA

Grafiken/Illustrationen: AGRIDEA

Fachliche Mitarbeit: Gruppe Beratung und Methoden, AGRIDEA

Bibliographie: H.E. Wielinga & D.J. Postma (2017). www.toolsfornetworkers.nl, übersetzt und überarbeitet von AGRIDEA