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Insekten

Produktion und Verarbeitung

Inhaltsverzeichnis

Insekten durchlaufen während eines Generationszyklus mehrere Entwicklungsstadien (Metamorphose). Die Länge ist von der Spezies, dem Futtersubstrat, der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur abhängig. Das grösste Potential für den Einsatz als Futtermittel liegt aktuell bei der Schwarzen Soldatenfliege, da diese auch aus einer Vielzahl an minderwertigen Nebenströmen ein hochwertiges Futtermittel generiert, sich ohne Kannibalismus und auf kleinem Raum züchten lässt, keine bekannten Krankheiten aufweist oder Krankheitserreger überträgt sowie einen hohen Proteingehalt mit günstigem Aminosäureprofil aufweist (FIBL). Durch diese Eigenschaften ist die Schwarze Soldatenfliege in den Fokus zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, abfallwirtschaftlicher Konzepte und agrarpolitischer Überlegungen gerückt, weshalb sich dieses Kapitel vor allem ihrer Produktion und Verarbeitung widmet. Zusätzlich wird die Verarbeitung und Produktion des zweitwichtigsten Futtermittelinsektes, der Mehlwurm (Tenebrio molitor), erklärt.

Mehr Informationen zu den anderen Insektenarten, finden Sie im einleitenden Kapitel zu den unterschiedlichen Insektenarten.


Produktion und Verarbeitung der Schwarzen Soldatenfliegen und ihrer Larven

Zucht

Aufzuchtboxen für die Larven der Schwarzen Soldatenfliege (© Agridea).

Die ideale Umgebungstemperatur liegt zwischen 25 – 31 °C mit einer hohen Luftfeuchtigkeit (60 – 80 %), variiert allerdings zwischen den einzelnen Stadien. So kann es den etwas weiterentwickelten Larven schnell zu heiss (über 32 °C) werden. Temperaturen unter 23 °C verzögern dagegen die Entwicklung der Larven.

Die Fliegen benötigen zudem eine starke Lichtquelle damit die Kopulation ausgelöst werden kann.

Futtersubstrat

Die Larven können verschiedene organische Abfälle, wie Küchenabfälle, Obst- und Gemüsereste oder Hühner-/Schweinemist, umsetzen. Die Kontrolle der Trockensubstanz im Futtersubstrat ist entscheidend für eine erfolgreiche Zucht von Schwarzen Soldatenfliegen, da sie die Entwicklung, das Wachstum und die Gesundheit der Larven direkt beeinflusst. Die optimale Trockensubstanz (TS) für das Futtersubstrat von Larven der Schwarzen Soldatenfliegen (Hermetia illucens) liegt typischerweise zwischen 20 – 30 % und der ideale Feuchtigkeitsgehalt dementsprechend bei 70 – 80 %. Zu trockene Substrate können das Wachstum hemmen, während zu feuchte Substrate dazu führen, dass das Restsubstrat nach Beendigung des Prozessen zu feucht für eine effiziente Trennung von Larven und Frass ist. Das Futtersubstrat sollte nährstoffreich sein und nicht zu viele Faserstoffe enthalten, um ein optimales Wachstum und eine gute Larvenentwicklung zu gewährleisten.

Achtung: Zu grosse, feuchte, fettige oder warme Futtersubstrate bzw. -mengen können während der Mast zu Flucht- und Abwanderungsverhalten führen. Das bedeutet, dass die Larven aus dem unpassenden Milieu fliehen und aus den Aufzuchtboxen herauskriechen. Derartiges Verhalten zeigt immer ungünstige Fütterungs- oder Haltungsbedingungen an!

Die ausgewachsenen Fliegen benötigen keine Nahrung, aber eine gewisse Luftfeuchtigkeit oder Schalen mit Wasser, damit sie genügend Wasser aufnehmen können.

Eiablage

Die weiblichen Fliegen nehmen künstliche Eiablagemöglichkeiten aus Karton gerne an (© FiBL).

Die adulten Fliegen werden zur Reproduktion in der Regel in Netzen gehalten. Sie leben 7 – 21 Tage. Weibliche Fliegen legen ihre Eier (ca. 200 – 1300/Tier) bevorzugterweise in die Nähe von Abfallstoffen bzw. Futtersubstraten, suchen sich aber grundsätzlich geschützte und dunkle Stellen, um sie abzulegen. In der industriellen Zucht werden dazu Kartonagen oder kleine Stellagen genutzt (siehe Bild), die gerne von den Tieren angenommen werden. Nach der Eiablage stirbt das Weibchen. Das Männchen lebt je nach Konstitution länger oder kurzer. Innerhalb von 2 – 7 Tagen (sehr variabel und abh. von Umweltbedingungen) schlüpfen die Larven aus den Eiern. Bevor dies geschieht, sollten sie den Netzen entnommen und in gesonderte Boxen mit ausreichend hoher Luftfeuchtigkeit überführt werden.

Larvenaufzucht

Durch die Umsiedlung der Larven in die Boxen ist eine gezielte Dosierung der passenden Menge Larven pro Menge Futtersubstrat möglich. Sobald die Larven geschlüpft sind, können sie in die Aufzuchtboxen mit Futtersubstrat überführt werden. In dem sie zunächst 6 – 8 Tage anwachsen. Anschliessend kommen sie in die „Endmast“. Hier fressen die Larven den organischen Abfall und wachsen in der Regel innerhalb von 12 – 16 Tagen heran (3. – 5. Larvenstadium). Im Idealfall werden alle Stadien räumlich getrennt, um optimale Umgebungsbedingungen schaffen zu können. Einige der Larven (2 – 10 %) werden dem Zyklus entnommen und gezielt für die nächste Generation Fliegen herangezogen. Dieser Prozess findet in der Regel getrennt von der Mast statt.

Ernte

Die Ernte erfolgt, bevor die Larven ins Präpuppenstadium wechseln, da diese einen zu hohen Chitingehalt aufweisen und ausserdem ihr Maximalgewicht schon überschritten haben. Dies geschieht meist manuell oder durch spezielle Erntemaschinen, in denen die Larven mit Hilfe von Vibration durch ein Sieb vom Restsubstrat getrennt und direkt nach Grösse sortiert werden.

Verarbeitung der Larven:

Reinigung (optional)

Die Larven können vor der Weiterverarbeitung gewaschen werden, um äussere Verunreinigungen, wie beispielsweise restliches Futtersubstrat, zu entfernen. Um auch innerlich keine Reststoffe zu haben, können die Larven vor dem Einfrieren ein paar Tage gefastet werden, damit sie ihren Darm entleeren. Das Eintauchen in heisses Wasser hat denselben Effekt.

Abtötung

Nach der Ernte und Trennung vom Restsubstrat, werden die Larven idealerweise zur Dokumentation gewogen und für wenigstens 2 Tage eingefroren, damit die Larven möglichst schonend getötet werden. Weitere Methoden für das Abtöten von Insekten sind laut EU-Gesetzt «Zerquetschen, Ersticken mit Kohlendioxid, Eintauchen in kochendes Wasser, Trocknen und das Töten mit heißem Dampf». Der Tod durch heisses Wasser oder Dampf hat den Vorteil, dass die Tiere direkt hygienisiert werden.

Trocknung

Um die Haltbarkeit zu verlängern, werden die Larven oft getrocknet. Dies kann durch Lufttrocknung, Dehydratoren oder Gefriertrocknung geschehen. Die verbreitetste Methode ist die Trocknung mit Hitze. In der Regel werden die Larven bei 60 °C über etwa 30 – 36 Std. erhitzt (Richtwerte! – können, je nach gewünschtem Trocknungsgrad variieren). Höhere Temperaturen können sich negativ auf die Proteinqualität auswirken, zu geringe Temperaturen verlängern dagegen den Trocknungsprozess. Die getrockneten Larven können dann bereits in der Tierernährung (z.B. als Snack für Hunde oder Vögel) eingesetzt oder weiterverarbeitet werden.

Entfettung/Mahlung

Getrocknete Larven können zu Mehl verarbeitet werden, das als Futtermittel für Tiere oder in der menschlichen Ernährung verwendet werden kann. Je nach Produktionsziel kann ein Vollfettmehl oder ein teilentfettetes Mehl erzeugt werden. Je nach vorhandener Infrastruktur und gewünschtem Endfettgehalt kann der Restfettgehalt im Larvenmehl auf bis zu 5 % abgesenkt werden. Das extrahierte Fett kann ebenfalls genutzt werden und kommt unter anderem in der Kosmetikindustrie zum Einsatz.

Homogenisierung der frischen Larven

Je nach Verwendungszweck können die frischen (oder gefrorenen) Larven auch zu einem Püree homogenisiert werden. Ein derartiges Püree kann in Tierfutter eingesetzt werden (bevorzugt wird der Einsatz in Nassfutter für Katzen und Hunde).

Pelletierung

Das Larvenmehl (egal ob vollfett oder teilentfettet) kann zudem direkt zu Pellets gepresst werden, um es, bspw. in der Aquakultur, direkt zufüttern zu können.

Verarbeitung des Restsubstrats

Das Restsubstrat, der sogenannte Frass, besteht aus den Ausscheidungen der Larven und den nicht umgesetzten Futtersubstratresten. Er enthält einen hohen Gehalt an Chitin, was die natürlichen Abwehrkräfte und das Pflanzenwachstum stärken. Mit einem ausgewogenem N, P und K Verhältnis eignet sich der Dünger hervorragend für den Garten- und Freilandbereich. Der Dünger kann ebenfalls pelletiert oder gemahlen eingesetzt werden und wird meist ebenfalls thermisch behandelt.

Mehr Informationen zur Produktion der Schwarzen Soldatenfliegen und ihrer Larven können hier oder hier sowie hier gefunden werden.

Produktionszyklus Schwarzen Soldatenfliege (© AGRIDEA).

Produktion und Verarbeitung des Mehlkäfers und seiner Larven

Die Produktion und Verarbeitung des Mehlkäfers (Tenebrio molitor) und seiner Larven, auch bekannt als Mehlwürmer, wird zunehmend für nachhaltige Ernährung und Abfallverwertung genutzt. Hier ist ein Überblick über die wesentlichen Aspekte der gezielten Produktion und Verarbeitung:

Zucht

Umweltbedingungen

Die optimalen Temperaturen liegen zwischen 25 – 28 °C (Larven bis Käfer), wobei die Eier bei 20 – 30 °C optimale Entwicklungsbedingungen haben. Die Luftfeuchtigkeit sollte für alle Stadien zwischen 50 – 70 % liegen. Die adulten Mehlkäfer werden in speziellen Behältern gezüchtet, die ausreichend Belüftung bieten. Da die Mehlkäfer nur bedingt fliegen können, braucht es nicht zwangsweise eine geschlossene Zuchtbox. Da Mehlkäfer Karton und dünnes Plastik zerfressen und auf Holz gut klettern können, sollten die Aufzuchtboxen aus stabilem Plastik oder leichtem Metall sein.

Futtersubstrat

Die Grundlage der Ernährung des Mehlkäfers und seiner Larven bildet ein getreidebasiertes Futtersubstrat, z.B. Weizenkleie oder Schalen, Gerste, Haferflocken, Soja- oder Maismehl, Maiskolben, gemahlenes trockenes Brot (nicht verschimmelt), usw. Da Mehlkäfer im Allgemeinen keine Körner zu sich nehmen, sollte das gesamte Substrat gut gemahlen sein. Anders als die Larven können die adulten Käfer keine Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und benötigen für eine ausreichende Fruchtbarkeit genügend Futter und Feuchtigkeit in Form von feuchten Futtermitteln, wie Obst oder Gemüse. Während der Fütterungsperiode muss das Substrat nicht ergänzt oder gewechselt werden. Wenn es vollständig verbraucht ist, kann neues Substrat hinzugefügt oder der Inhalt durch ein Sieb gegeben werden, um die Larven vom Frass zu trennen.

Eiablage

Mehlkäfer werden bereits wenige Tage nach dem Schlupf geschlechtsreif. Das Weibchen legt innerhalb der folgenden 6 – 8 Wochen 160 – 320 Eier direkt ins Substrat. Die Anzahl der gelegten Eier hängt von den äusseren Bedingungen ab, die die Käfer vorfinden. Idealerweise wird der Boden der Zuchtbox mit einem Gitter oder einem Sieb ergänzt, welches auf das Substrat gelegt wird (Maschenweite max. 3 mm). So können die adulten Käfer leicht vom Futtersubstrat mit den Eiern getrennt werden.

Larvenaufzucht

Aus den Eiern schlüpfen nach etwa 4 – 10 Tagen die Larven, welche zunächst nur etwa 1.5 mm gross sind. In den nächsten 8 – 12 Wochen wachsen sie heran, während sie das Substrat fressen. Da die Larven die nötige Flüssigkeit über die Luft aufnehmen, braucht es eine gewisse Luftfeuchtigkeit und Futtermittel mit hohem Wassergehalt (z.B. Obstreste oder Grünpflanzen). Wenn die Luftfeuchtigkeit und das Wasserangebot zu gering sind, sterben die Larven zwar nicht, verlangsamen aber ihren Stoffwechsel und entwickeln sich nicht weiter. Futtermittel mit erhöhtem Wassergehalt sollten erst nach ca. 5 Wochen angeboten werden, da die Larven zunächst keinen erhöhten Bedarf an Wasser haben.

Alle 14 Tage sollten die Larven von ihren Ausscheidungen getrennt werden. Der sogenannte Frass kann mit Hilfe eines Siebes von den Larven getrennt werden. Das übrige Restsubstrat und die Larven bleiben zurück und können weiter genutzt werden, bis das Substrat vollständig umgewandelt wurde.

Ernte

Sobald die Larven mit der Verpuppung beginnen, sollten sie geerntet werden. Frische Puppen sind im Vergleich zu den eher gelblich–bräunlichen Larven rein weiss. Eine Formveränderung der Larven kündigt die Verpuppung an. Sobald die Larven sich nicht mehr bewegen und die Form eines «C» einnehmen, geht es noch etwa eine Woche, bis sie sich verpuppen. Die eigentliche Ernte findet meist über ein Sortiersieb statt. Da sich in einer Box meist unterschiedlich grosse Larven befinden, ist es sinnvoll ein Rüttelsieb mit mehreren Maschenweiten einzusetzen. So können die kleinen Larven aussortiert und weiter gemästet werden. Auch Mehlwürmer können vor der Ernte ca. 24 Std. gemästet werden, damit sich ihr Verdauungstrakt leert und kein Restsubstrat in den Tieren zurückbleibt.

Verarbeitung

Die Verarbeitung von Mehlwürmern unterscheidet sich nicht von der Verarbeitung von Larven der Schwarzen Soldatenfliege. Auch bei diesem Prozess fallen getrocknete Larven, Proteinmehl, Fett bzw. Öl sowie Dünger an.


Herausforderungen in der Insektenproduktion

  • Optimale, stabile Wachstumsbedingungen
  • Ausreichend geeignetes Substrat (ohne Futter- oder Nahrungsmittelkonkurrenz zur Human- oder Tierernährung) zu finden
  • Weiterverarbeitung möglichst ohne Qualitätseinbussen
  • Richtlinien einhalten – je nach Insektenart und Zielmarkt unterschiedliche (z. B. ESV, VTNP etc.)

Tipps und Tricks zur Produktion gibt es unter „Einsichten aus der Praxis“.


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