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Pflanzenschutz

Teilflächenspezifische Bewirtschaftung

Bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung werden einzelne Zonen innerhalb eines Schlages entsprechend der spezifischen Standortbedingungen individuell bewirtschaftet. Die Standortunterschiede können mit Sensoren bestimmt werden. Daurch können Betriebsmittel wie Diesel (Bodenbearbeitung), Dünger, Pflanzenschutzmittel und Saatgut effizienter eingesetzt werden, da jede Schlagzone nach ihrer Bodenbeschaffenheit, ihrem Nährstoffvorrat und ihrem Ertragspotenzial bewirtschaftet wird.

Inhaltsverzeichnis

This entry is part 7 of 9 in the series Digitale Technologien in der Landwirtschaft

Überblick

  • Bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung werden einzelne Zonen innerhalb eines Schlages entsprechend der spezifischen Standortbedingungen individuell bewirtschaftet. Die Standortunterschiede können mit Sensoren bestimmt werden.
  • Die teilflächenspezifische Bewirtschaftung kann bei Feldmassnahmen wie Bodenbearbeitung, Saat, Düngung oder Pflanzenschutz angewandt werden.
  • Durch die teilflächenspezifische Bewirtschaftung können Betriebsmittel wie Diesel (Bodenbearbeitung), Dünger, Pflanzenschutzmittel und Saatgut effizienter eingesetzt werden, da jede Schlagzone nach ihrer Bodenbeschaffenheit, ihrem Nährstoffvorrat und ihrem Ertragspotenzial bewirtschaftet wird. Versuche der ETH Zürich und von Agroscope auf der Swiss Future Farm zeigen, dass durch die teilflächenspezifische Düngung im Winterweizen durchschnittlich 10 Prozent Stickstoff eingespart werden können. Dies entspricht einer reinen Düngereinsparung von ca. CHF 30/ha.
  • Eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung setzt die Nutzung von Parallelfahrsystemen inklusive Traktoren und Anbaugeräten (mit ISOBUS-Schnittstelle) voraus (siehe Beiträge «Parallelfahrsysteme» und «ISOBUS-genormte digitale Übertragung von Daten in Landmaschinen»). Zusätzlich zu den Parallelfahrsystemen entstehen Kosten für die Messung des Pflanzenzustandes (Stickstoffversorgung, Biomasse) (ca. CHF 30’000 für traktorgebundenen Sensor oder CHF 190 pro Jahr für Satellitenbilder) sowie die Ausbringmengensteuerung beim Düngerstreuer, der Sämaschine oder der Pflanzenschutzspritze via ISOBUS. Nebst den Technikinvestitionen entstehen Zeit- und Kostenaufwendungen zur Erstellung der Feldzonierung wie z. B. langjährige Ertragskarten, teilflächenspezifische Bodenbeprobung und Anschaffung von entsprechender Planungssoftware.
  • Die teilflächenspezifische Bewirtschaftung in der Form wie sie in grossstrukturierten Anbaugebieten durchgeführt werden kann, ist in der Schweiz aufgrund der kleinen Schlaggrössen und der hohen Anschaffungskosten bei den Technologien wenig verbreitet.
  • In der Schweiz müssen teilflächenspezifische Bewirtschaftungsverfahren auf die kleinstrukturierten Anbauverhältnisse angepasst werden. Eine Umsetzung gemeinsam mit Dienstleistern wie Lohnunternehmern verringert die einzelbetrieblichen Investitionskosten.
Video 06.01: Im hinteren Teil des Videos wird die teilflächenspezifische Düngung erklärt.

Anwendungsgebiete und Vorteile

•Bei der teilflächenspezifischen Düngung wird unterschieden zwischen der Grunddüngung für Kalium, Phosphor und Magnesium sowie den nachfolgenden Stickstoffdüngungen. Aktuelle Studien von ETH und Agroscope zeigen, dass mit der teilflächenspezifischen N-Düngung im Winterweizen 10 Prozent Stickstoff eingespart werden können.

•Die teilflächenspezifische Aussaat kann anhand der unterschiedlichen Bodenarten (gibt Aufschluss über vorhandene Feuchtigkeit) oder anhand der Topografie innerhalb eines Schlages geplant werden und verspricht eine standortgerechte Versorgung der Pflanzen.

•Im Pflanzenschutz werden Wachstumsregler basierend auf der Biomasse teilflächenspezifisch ausgebracht; Herbizide werden mit Sektor- oder Einzeldüsenschaltung (siehe Beitrag «Satelliten- und sensorbasierte Ausbringmengensteuerung» (Section Control)) sensorgesteuert variabel ausgebracht.

Technologieüberblick

© Rebekka Mathys, Tricolline

Einsatz der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung

Konventionell orientiert man sich bei der Feldbewirtschaftung an den durchschnittlichen Standortbedingungen. Dies hat zur Folge, dass die Bestände oder das Erntegut auf heterogenen Flächen unterschiedliche Erträge oder Qualitäten aufweisen können. Bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung werden die Schläge aufgrund der natürlichen Standortgegebenheiten in Teilflächen unterteilt, die dann individuell und an die spezifischen Zonenanforderungen angepasst bewirtschaftet werden. Das Ziel ist eine ökonomische und ökologische Verbesserung der Bewirtschaftung. Die Aufteilung ist vor allem auf grösseren und heterogenen Schlägen sinnvoll. In den Anfängen des Precision Farmings in den frühen 1990er Jahren bildeten die Ertragskarten von Mähdreschern die Basis zur Erkennung der Ertragsunterschiede und somit zur Heterogenität innerhalb des Schlages. Diese Karten zeigen jedoch lediglich die Unterschiede in einem Jahr und geben keinen Aufschluss darüber, weshalb diese Unterschiede aufgetreten sind. Dazu müssen mehrjährige Ertragskarten herbeigezogen sowie weitere Messungen zur Bestimmung der Nährstoffgehalte im Boden, der Bodenart und der Topografie vorgenommen werden.

Technische Voraussetzungen

Mechatronische Komponenten und Kommunikationsstandards stellen die technischen Grundlagen für die Durchführung der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung bereit. Die genormte ISOBUS-Schnittstelle (siehe Beitrag «ISOBUS-genormte digitale Übertragung von Daten in Landmaschinen») regelt die Kommunikation zwischen Traktor und Anbaugerät bei der Gerätesteuerung und -bedienung. Mit der freigeschalteten ISOBUS-Funktion TG-GEO können positionsbezogene Werte in Echtzeit an das Anbaugerät übermittelt und von diesem für die Regelung der Applikation übernommen werden. Voraussetzung für die Nutzung dieser Funktionalität ist ein GNSS-Empfänger. Auf dem Bedienterminal des Traktors oder auch auf einem externen Universal Terminal (UT) kann eine georeferenzierte Applikationskarte mit Soll-Werten (Dünger kg/ha, Gülle m³/ha, Saatgut kg/ha) eingelesen werden. Auf dem UT wird sowohl die Applikationskarte als auch die Bedienmaske des Anbaugeräts angezeigt. Sofern eine Anbindung des Terminals an einen Server besteht, kann die Karte via Mobilnetz aus dem Farm Management- und Informationssystem (FMIS) ans Terminal gesendet und nach der Applikation wieder zurückgelesen werden (siehe nachfolgende Abbildungen). Weiter bieten die meisten Terminals einen Import via USB-Schnittstelle oder Bluetooth.

Abb. 06.01: Applikationskarte aus einem Weizendüngungsversuch der ETH und Agroscope für die dritte N-Gabe im Winterweizen, die im FMIS erstellt worden ist und an das UT übermittelt wird.
Abb. 06.02: Verteilkarte mit den vom Düngerstreuer applizierten Mengen, die durch die Applikationskarte in Abb. 06.01 vorgegeben sind. Es zeigt sich, dass beim Übertritt von einer Zone zur nächsten die Mengenregelung verzögert einsetzt.

Abb. 06.03: Universal Terminal CCI 1200 mit Düngeapplikationskarte und ISOBUS-Bedienmaske für den Düngerstreuer. Das Terminal wird via In-Cab mit dem Traktor verbunden und sendet die Daten via ISOBUS an den Düngerstreuer.

© Swiss Future Farm

Bildung von Teilflächen (Managementzonen)

Die positionsbezogene Ertragskartierung mit dem Mähdrescher oder Feldhäcksler ermöglicht die Bestimmung der Ertragsunterschiede auf einem Schlag. Dadurch lässt sich die Heterogenität in einem bestimmten Jahr abbilden. Jedoch lässt sich daraus keine Aussage über die zugrunde liegenden Ursachen der Heterogenität treffen. Diese können bodenbedingt oder bewirtschaftungsbedingt (z. B. Probleme mit Drainagen) auftreten. Um einen Schlag erfolgreich in Teilflächen zu unterteilen, ist es relevant, eine längere Ertragsperiode zu beachten und den Ursachen für die Unterschiede auf den Grund zu gehen. Nachfolgende Animation zeigt die Möglichkeiten für die Bestimmung der Standortunterschiede eines Schlages über Luftbilder, Bodenkarten, Bodenbeprobung und Wissen der Bewirtschaftenden.

Ani. 06.01: Informationsquellen für die Bestimmung der Standortunterschiede innerhalb eines Schlages. Animation angelehnt an Lorenz (2015)

Kaum ein Betrieb, der in die teilflächenspezifische Bewirtschaftung einsteigen möchte, kann bereits auf langjährige Ertragskarten von Mähdreschern zurückgreifen. Da die Erstellung dieser Karten zudem aufwendig und fehleranfällig ist, bietet es sich an, mithilfe von langjährig verfügbaren, satellitenbasierten Biomassekarten die Unterschiede in einer Fläche abzubilden. Es gibt verschiedene Dienstleister, die solche Biomassekarten anbieten (siehe Absatz «Anbieter von Sensorik und Anbaugeräten»). Diese beschreibenden Daten lassen sich mit erklärenden Informationen aus Bodentypenkarten oder der Erfahrung der Bewirtschafterin kombinieren. Durch den Einbezug der verschiedenen zur Verfügung stehenden Datenquellen kann das Feld in Teilflächen (Managementzonen) unterteilt werden. Abbildung 06.04 zeigt die auf Basis der zur Verfügung stehenden Informationen in drei Managementzonen unterteilte Fläche Rüedimoos. In den Managementzonen können danach separat georeferenzierte ÖLN-Bodenproben für Humus, pH und die Nährstoffe Mg, K und P gezogen werden (siehe Abbildung 06.05).

Abb. 06.04: Unterteilung der Fläche Rüedimoos (3,3 ha)
Abb. 06.05: Spurlinien und Beprobungspunkte für die teilflächenspezifische ÖLN-Bodenbeprobung
Abb. 06.06: Resultate der teilflächenspezifischen Bodenproben als Informationsquelle für die teilflächenspezifische Grunddüngung

Abbildung 06.06 zeigt die unterschiedlichen Nährstoff- und Humusgehalte sowie pH-Werte der Managementzonen auf der Fläche Rüedimoos. Anhand der Nährstoffgehaltsmessungen kann die Grunddüngung in den Teilflächen variabel angepasst werden und eine schwach versorgte Fläche mit einer höheren Nährstoffgabe ausgeglichen werden. Im vorliegenden Beispiel ist dies nirgends der Fall. Anhand des Humusgehalts kann bei der Aussaat die Saatstärke teilflächenspezifisch angepasst werden.

Technologieanwendungen

Das Online- und das Offline-Verfahren

Bei den Verfahren zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung kann zwischen Online- und Offline-Verfahren unterschieden werden. Beim Online-Verfahren misst ein Sensor während des Arbeitsganges (z. B. bei der Bodenbearbeitung oder Düngung) die Boden- (Feuchte, Temperatur, organische Substanz) oder Pflanzenparameter (Chlorophyll) und kommuniziert die Werte via Bordcomputer an das Anbaugerät. Dieses passt dann in Echtzeit die Ausbringmenge an. Beim Offline-Verfahren werden die Parameter bereits vor der eigentlichen Feldmassnahme aufgenommen und dann als Applikationskarte auf dem Traktorenterminal eingelesen (vgl. mit Abbildung 06.02). So kann beispielsweise mit einer Drohne im Herbst der Biomasseindex des Rapsbestandes berechnet und im Frühjahr bei der Düngung genutzt werden. Das Offline-Verfahren bietet den Vorteil, dass die gemessenen Werte von der Bewirtschafterin noch einmal geprüft und angepasst werden können. Der Nachteil besteht in der zusätzlichen Felddurchfahrt oder einer zusätzlichen Befliegung mit einer Drohne. In der Praxis zeigt die Kombination aus Online- und Offline-Verfahren (Map-Overlay-Ansatz) die besten Resultate bei der Düngung. Dabei wird auf dem Bordcomputer eine Ertragspotenzialkarte hinterlegt, die mit den in Echtzeit gemessenen Daten des Sensors abgeglichen wird.

Beispiele für Online- und Offline-Verfahren

FeldmassnahmeVerfahren
onlineoffline
AussaatPrecision Planting
Die Precision Planting-Einzelkornsämaschine misst mit einem Sensor den Eindringwiderstand in den Boden und passt den Schardruck automatisch an die bestehenden Bodengegebenheiten an. Damit soll eine einheitliche Saatgutablagetiefe bei minimaler Furchenverdichtung erreicht werden. Die Sämaschine kann zudem die Ablagetiefe in Abhängigkeit der in Echtzeit gemessenen Bodenfeuchte variieren.


Abb. 06.07: Die Sämaschine von Precision Planting bei der Maisaussaat
Höhenmodelle
Für die teilflächenspezifische Aussaat können digitale Höhenmodelle verwendet werden, um die allfälligen Feuchteunterschiede zwischen Kuppen und Senken abzubilden. Diese Modelle können aus den Daten des Traktoren-GNSS-Empfängers gebildet werden. Sie lassen sich dann mit allfällig verfügbaren Ertragspotenzialkarten und den Humusgehaltsmessungen aus der teilflächenspezifischen Bodenbeprobung zu einer Applikationskarte für die Aussaat verrechnen.



Abb. 06.08: Aus den GNSS-Daten des Traktors kann mit einem FMIS ein Höhenmodell erstellt werden.
DüngungFritzmeier Isaria-Sensor:
Der Fritzmeier Isaria-Sensor wird im Frontanbau verwendet und misst mit aktiver Beleuchtung den Vegetationsindex. Der Sensor steuert direkt den Düngerstreuer an und wird über ein separates Terminal betrieben, auf dem auch eine Karte für das Map-Overlay-Verfahren hinterlegt werden kann.
Teilflächenspezifische Bodenbeprobung:
Die Resultate aus der teilflächenspezifischen Bodenbeprobung (siehe Abbildung 06.06) können bei der Grunddüngung genutzt werden, um die beprobten Teilflächen gemäss bestehender Nährstoffversorgung zu düngen.
Drohne mit Multispektralkamera:
Drohnen, die mit einem Multispektralsensor ausgestattet sind, können für die Berechnung eines Vegetationsindexes verwendet werden. Drohnen zeichnen sich im Vergleich zu den Satellitendaten durch eine hohe räumliche Auflösung aus.

Abb. 06.09: Fritzmeier Isaria-Sensor im Einsatz

Abb. 06.10: Biomasseindex (NDVI)
Farmfacts Greenseeker:
Der Greenseeker der Firma Farmfacts wird im Frontanbau verwendet und berechnet den Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) des Pflanzenbestandes. Der Sensor kann auch für das Map-Overlay-Verfahren genutzt werden.
Sentinel-2-Satellitenbilder:
Im Rahmen des Copernicus Programms stellt die Europäische Weltraumorganisation (ESA) Daten der Erdbeobachtungssatelliten Sentinel kostenlos zur Verfügung. Die Daten lassen sich für die Berechnung von Vegetationsindizes verwenden. Eine Vielzahl von Dienstleistern erstellt aus diesen Daten Applikationskarten für die N-Düngung oder Ertragspotenzialkarten. Diese Applikationskarten können auf dem Traktorenterminal eingelesen werden.


Abb. 06.11: Farmfacts Greenseeker im EinsatzAbb. 06.12: Applikationskarte, die basierend auf Sentinel-2-Daten auf der Webplattform AtFarm (http://at.farm) erstellt wurde.
PflanzenschutzApplikation von Wachstumsreglern:
Die bei der Düngung aufgeführten Sensoren Greenseeker und Isaria können auch für die Bestimmung der Bestandesentwicklung bei der Applikation von Halmverkürzern im Getreide genutzt werden.
Bewuchsspezifische Applikation von Totalherbiziden:
Anbieter wie Amazone (Amaspot) oder Trimble (Weedseeker) bieten Kameranachrüstsätze für bestehende Pflanzenschutzspritzen zur gezielten Unkrauterkennung bei der Applikation von Totalherbiziden. Die Kamera erkennt Unkraut in Echtzeit und ermöglicht die Einzeldüsenschaltung auf der Spritze.
Applikation von Wachstumsreglern:
Die aus den Satelliten- und Drohnenbildern bestimmte Bestandesentwicklung kann für die Dosierung der Aufwandmenge bei Halmverkürzern genutzt werden. Eine entsprechende Applikationskarte wird vom Terminal des Pflanzenschutzgeräts abgearbeitet.

Abb. 06.13: Gezielte Herbizidapplikation mit Amazone Amaspot
Tab. 06.01

Herausforderung Düngemengenableitung

Die Verwendung des Online-Verfahrens bei der Stickstoffdüngung ist pflanzenbaulich herausfordernd. Die Sensoren zur Erkennung des Pflanzenzustandes erfassen die Blattgrünkonzentration auf einer bestimmten Fläche. Die Blattgrünkonzentration ist ein Mischwert aus Bestandesdichte/Biomasse und Stickstoffversorgung (Abbildung 06.14). Wird die Düngemenge basierend auf der Blattgrünkonzentration pro Flächeneinheit berechnet (Abbildung 06.15), ergeben sich andere Werte als bei der Berechnung der Düngermenge basierend auf der Blattgrünkonzentration pro Flächeneinheit und der Bestandesdichte (Abbildung 06.16). Es stellt sich die Frage, welches die richtige Ausbringmenge in der jeweiligen Situation ist. Die von den Sensoranbietern bereitgestellten Regelungsalgorithmen für die verschiedenen Kulturen können – müssen aber nicht – die Situation vor Ort adäquat einordnen.

So gut die Einschätzung des Pflanzenzustandes durch die Sensorik auch sein mag, werden Parameter wie Bodeneigenschaften (Bodenart, Verdichtungen), aktuelle und zukünftige Nährstoff- und Wasserverfügbarkeiten, Temperatur und Krankheiten doch nicht berücksichtigt. Hier helfen Zusatzinformationen wie Boden- oder Nährstoffkarten und der Blick des Anwenders vor Ort.

Abb. 06.14: Blattgrünkonzentration pro Flächeneinheit bei unterschiedlicher Bestandesdichte/Biomasse und Stickstoffversorgung
Abb. 06.15: Zuordnung der Düngermenge basierend auf der Blattgrünkonzentration pro Flächeneinheit
Abb. 06.16: Zuordnung der Düngermenge basierend auf der Blattgrünkonzentration pro Flächeneinheit und Bestandesdichte

Arbeitswirtschaftliche Aspekte

Der Einstieg in die teilflächenspezifische Bewirtschaftung sollte gut überlegt und geplant sein. Es ist entscheidend zu definieren, welche Ziele man mit der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung verfolgen möchte, um dementsprechend die Werkzeuge zu wählen. Die Schläge sollten, insbesondere wenn mit Satellitendaten (räumliche Auflösung von 10 m) gearbeitet wird, eine Grösse von einem Hektar nicht unterschreiten.

Einzelne Massnahmen wie z. B. der Einsatz einer Sämaschine mit automatischer Schardruckregelung sind einfacher umzusetzen, andere Massnahmen bedürfen grösserer Vorarbeit. Für eine teilflächenspezifische Düngung ist mit grossem Aufwand im Bereich der Bildung von Managementzonen und in der Bodenbeprobung zu rechnen. Für die Aufbereitung der Grundlagendaten bietet es sich an, bei einem Dienstleister eine mehrjährige Biomassekarte oder Ertragspotenzialkarte basierend auf Satellitenbildern zu beziehen. Die langjährigen Biomassekarten können sowohl für die teilflächenspezifische Aussaat als auch für das Map-Overlay bei der N-Düngung verwendet werden.

Ertragskarten von Mähdreschern sind schwierig in der Aufbereitung und fehleranfällig. Die teilflächenspezifische und georeferenzierte Bodenbeprobung bietet den Vorteil, die Nährstoffversorgungsunterschiede in der Teilfläche sichtbar zu machen und Veränderungen über die Zeit nachzuvollziehen. Nichtsdestotrotz lässt sich eine teilflächenspezifische Grunddüngung mit Hofdüngern nur schwer bewerkstelligen.

Wichtige arbeits- und betriebswirtschaftliche Erkenntnisse der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung konnten im Projekt On-Farm-Research der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein auf Gut Helmstorf gewonnen werden. In der Projektlaufzeit von 2007 bis 2017 wurden unter Praxisbedingungen verschiedene Verfahren der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung erprobt. Im Bereich der N-Düngung zeigte sich, dass eine konsequente Anwendung des Online-Verfahrens mit Sensor in Kombination mit Map-Overlay den Anwender stark fordert. Diese Einschätzung kann auch nach Praxiseinsätzen auf der Swiss Future Farm in Tänikon, wo in Versuchen mit der Offline-Variante mit vorgefertigten Applikationskarten in den Jahren 2018 bis 2020 gearbeitet wurde, geteilt werden.

Bei der Düngung ist stets darauf zu achten, dass die Verteilkarten korrekt gespeichert werden. Ansonsten ist unklar, was tatsächlich auf der Fläche appliziert wurde. Auch Verzögerungen beim Hoch- und Runterregeln der Düngermenge zwischen zwei Zonen können auf diese Weise dargestellt werden (siehe Abbildung 06.02).

Betriebswirtschaftliche Aspekte

Die Kosten für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung variieren je nach Anwendungsgebiet. Voraussetzung für einen sinnvollen Einstieg ist ein Traktor, der mit GNSS-Lenksystem ausgestattet ist und über eine ISOBUS-Schnittstelle verfügt.

Die Anschaffungskosten für die verschiedenen Anwendungsgebiete können wie folgt beziffert werden.

Aussaat

  • Die Sämaschine braucht die Funktion TC GEO um Applikationskarten zu verarbeiten sowie die Ausbringmengen variabel und ortsbezogen auszubringen.

Düngung

  • Der Düngerstreuer braucht die Funktion TC GEO um Applikationskarten zu verarbeiten und die Ausbringmengen variabel und ortsbezogen auszubringen.
  • Die Preise für Sensoren zur Online-Bestimmung der Vegetationsindizes liegen bei ca. CHF 30’000.
  • Der Preis für eine Drohne mit Multispektralsensor zur Bestimmung der Vegetationsindizes und mit RTK-Korrektur liegt bei ca. CHF 10’500.
  • Satellitenbasierte Ertragspotenzialkarten für das Map-Overlay-Verfahren kosten rund CHF 7/ha, können jedoch für verschiedene Feldmassnahmen und während mehrerer Jahre genutzt werden.
  • Bei den aktuellen satellitenbasierten Vegetationsindizes variieren die Preise stark. Auf einigen Plattformen kann man die Applikationskarten kostenlos erstellen. Andere Anbieter arbeiten mit Jahresabos, die pauschal bis zu CHF 190/Jahr kosten.
  • Bei der teilflächenspezifischen Bodenbeprobung muss im Vergleich zur ÖLN-Beprobung mit zusätzlichen Kosten gerechnet werden, da ein externer Dienstleister mit entsprechender Beprobungstechnik hinzugezogen werden muss und im Vergleich zur konventionellen Beprobung mehr Einstiche gemacht werden.

Pflanzenschutz

  • Für die Nachrüstung einer Pflanzenschutzspritze mit kameragesteuerter Unkrauterkennung und Einzeldüsensteuerung ist mit Kosten von ca. CHF 5000/m zu rechnen. Bei einer Spritze mit 15 Metern Arbeitsbreite wären dies CHF 75’000.

Es zeigt sich, dass für den Einstieg in die teilflächenspezifische Bewirtschaftung hohe Investitionskosten anfallen. Der Einstieg kann sich für Betriebe lohnen, die bereits über TC GEO funktionsfähige Sämaschinen, Pflanzenschutzspritzen oder Düngerstreuer verfügen. Jedoch zeigen die Resultate aus dem wissenschaftlich begleiteten Projekt On-Farm-Research auf Gut Helmstorf, dass mit dem dort verwendeten System aus Online-Düngung in Kombination mit dem Map-Overlay-Verfahren unter Berücksichtigung aller Anschaffungs- und Arbeitskosten keine wirtschaftlichen Mehrerträge durch die angepasste Düngung zu generieren waren. Potenzial bietet aber die Nutzung von Satellitendaten, da diese kostengünstiger zur Verfügung stehen. Weiter haben Versuche von Agroscope und der ETH Zürich gezeigt, dass durch die teilflächenoptimierte Düngung ca. 10 Prozent Stickstoff bei gleichbleibenden Erträgen mit der Düngung im Winterweizen eingespart werden können. Dies entspricht einer Düngereinsparung von ca. CHF 30/ha bei einer N-Düngung mit Mineraldüngern.

In der Schweiz müssen teilflächenspezifische Bewirtschaftungsverfahren auf die kleinstrukturierten Anbauverhältnisse angepasst werden. Eine Umsetzung gemeinsam mit Dienstleistern wie Lohnunternehmern verringert die einzelbetrieblichen Investitionskosten.

Entwicklungsperspektiven

Automatisierte Systeme mit Einzelpflanzenerkennung im Pflanzenschutz

  • ecoRobotix: Die Schweizer Firma ecoRobotix AG arbeitet an der Entwicklung des solarbetriebenen Roboters AVO. Der Pflanzenschutzroboter verfügt über eine Einzelpflanzenerkennung und soll Unkräuter selektiv mit Herbiziden besprühen. Der Einsatz ist für Wiesen, Zuckerrüben, Ackerbohnen und Raps geplant. Die Firma rechnet durch den Einsatz dieses ortsspezifischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes mit einer Herbizidreduktion von bis zu 95 Prozent (ecoRobotix 2020).

Anbieter von Sensorik und Anbaugeräten für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung und weitere nützliche Links

ProduktHersteller
Farm Management- und Informationssysteme (FMIS)
Geografisches Informationssystem (GIS) zur Analyse von Maschinen-, Drohnen- und Satellitendaten
Siehe Beitrag «Farm Management- und Informationssysteme (FMIS) im Pflanzenbau»
QGIS (kostenlose Open Source-Anwendung): www.qgis.org
Sensoren zur Vegetationserfassung im FrontanbauFritzmeier Isaria-Sensor (neu als AgXtend CropXplorer erhältlich): www.isaria-digitalfarming.com und www.agxtend.com
Farmfacts GreenSeeker: www.nextfarming.de
Yara N-Sensor (ALS): www.yara.de
DrohnenDJI P4 mit Multispektral-Sensor: www.dji.com
Leica Geosystems: www.leica-geosystems.com
Sensefly: www.sensefly.com
Wingtra: www.wingtra.com
Aktuelle Satellitenbilder für die N-DüngungUnbearbeitete Bilder und Rohdaten können direkt bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) bezogen werden: https://scihub.copernicus.eu
Verschiedene Anbieter bereiten die Daten der ESA auf, bilden die für die Landwirtschaft relevanten Vegetationsindizes und stellen die Daten als Applikationskarten in den für Landmaschinen lesbaren Formaten ESRI-Shapefile oder ISO-XML zur Verfügung:
Yara: https://at.farm
Solorrow: https://www.solorrow.com/
Vista Talking Fields: www.talkingfields.de
Claas Crop View: www.365farmnet.de oder www.barto.ch
Ertragspotenzialkarten für das Map-Overlay-VerfahrenVista Talking Fields: www.talkingfields.de
Landmaschinen (Traktor, Düngerstreuer, Pflanzenschutzspritze)Für die Anwendung von Variable Rate Control wird die ISOBUS-Funktion TC GEO benötigt: www.aef-online.org
Einzelne Hersteller setzen bei der Kommunikation auch auf proprietäre Systeme, z. B. die im oberen Teil vorgestellte Firma Precision Planting.
Teilflächenspezifische BodenbeprobungIn der Schweiz bietet www.bodenproben.ch die georeferenzierte Bodenbeprobung an. Die Koordinaten (Beprobungspunkte) können vom Landwirt vorgegeben werden.
ISOBUS-Kompatibilität prüfenDie Datenbank der Agricultural Industry Electronics Foundation (AEF) bietet einen Überblick über ISBOUS-Kompatibilitäten von Traktoren und Anbaugeräten (z. B. Düngerstreuer mit VRC): www.aef-isobus-database.org

Referenzen

  • Borchardt, I., Lubkowitz, C., Kock, C., Schäfer, B., Müller, M. (2018): Abschlussbericht On-Farm-Research (2007–2017) in Zusammenarbeit mit der Gutsverwaltung Helmstorf. Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Rendsburg.
  • Lorenz, F., Münchhoff, K. (2015): DLG Merkblatt 407 – Teilflächenspezifische Bodenprobenahme und Düngung. DLG e.V., Frankfurt am Main.
  • Noack, P. O. (2019): Precision Farming, Smart Farming, Digital Farming: Grundlagen und Anwendungsfelder. Wichmann, Berlin.
  • ecoRobotix AG: unter https://www.ecorobotix.com/de/avo-autonomen-roboter (aufgerufen am 07.06.2020)

Glossar

ISOBUS: ISOBUS steht für eine standardisierte Technologie zur herstellerübergreifenden Kommunikation und Datenübertragung zwischen verschiedenen Komponenten in der Landwirtschaft. Die wesentlichen Komponenten sind dabei Traktoren, Anbaugeräte, Bedienterminals aber auch FMIS.

TC GEO: ISOBUS-Funktion zur ortsbezogenen Mengensteuerung und Dokumentation von ISO-fähigen Geräten

Universal Terminal (UT): Traktorterminal zur Bedienung unterschiedlicher Geräte (Anbaugeräte, Sensoren)

Farm Management- und Informationssystem (FMIS): FMIS sind Systeme zur Unterstützung bei der Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs, in dem sämtliche Daten und Informationen zentral gesammelt und miteinander verknüpft werden. FMIS sollen Betriebsleitende unterstützen und dabei helfen, Betriebsabläufe zu vereinfachen. Je nach Umfang beinhalten die Systeme Funktionen zu den Bereichen Pflanzenbau, Tierhaltung oder Betriebsführung.

Online- und Offline-Verfahren: Beim Online-Verfahren werden standortspezifische Parameter (Vegetationsindex oder Bodenverdichtung) in Echtzeit gemessen und direkt ein Regelbefehl am Anbaugerät ausgelöst. Beim Offline-Verfahren wird vor der eigentlichen Feldarbeit eine Applikationskarte erstellt und auf das Traktorterminal geladen.

Map-Overlay-Verfahren: Dieses Verfahren findet bei der teilflächenspezifischen Düngung Anwendung. Die in Echtzeit gemessenen Sensorwerte im Pflanzenbestand werden mit einer Hintergrundkarte (z. B. Ertragspotenzial) abgeglichen, um die auszubringenden Werte dementsprechend anzupassen.

Multispektralsensor: Optischer Sensor zur Erzeugung von Bildern, die aus mehreren Spektralkanälen zusammengesetzt sind. Multispektraldaten werden zur Berechnung von pflanzenbaulich relevanten Biomasseindizes verwendet.

Variable Rate Application (VRA) oder Variable Rate Control (VRC): Teilflächenspezifische Dosierung von Betriebsmitteln (Mineraldünger, Gülle oder Saatgut) anhand der spezifischen Standortbedingungen

Managementzone: Unterteilung eines Schlages anhand der Standortbedingungen in homogene Teilflächen

Normalized Difference Vegetation Index (NDVI): Vegetationsindex zur Unterscheidung von vegetationsfreier und vegetationsbedeckter Fläche

Hinweis

Die Texte und das Bildmaterial stammen aus dem Fachmedium «Digitale Technologien in der Landwirtschaft», das von der Edition-lmz AG 2021 herausgegeben wurde.

Autor: Florian Abt

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