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Pflanzenschutz

Farmmanagement- und Informationssysteme (FMIS) im Pflanzenschutz

Über die letzten Jahre haben zahlreiche Anbieter auf die Landwirtschaft zugeschnittene Software entwickelt, die den Betrieben die tägliche Dokumentation von Tätigkeiten für das betriebliche Management und für die ÖLN-Dokumentation erleichtern sollen. Diese Programme für den Pflanzenbau und die Tierhaltung entwickeln sich vom reinen Aufzeichnungstool immer mehr hin zu einem Farm Management- und Informationssystem (FMIS) mit zahlreichen Funktionalitäten.

Inhaltsverzeichnis

This entry is part 3 of 9 in the series Digitale Technologien in der Landwirtschaft

Überblick

In der Landwirtschaft ist der Computer ein unverzichtbares Arbeitshilfsmittel geworden. Über die letzten Jahre haben zahlreiche Anbieter auf die Landwirtschaft zugeschnittene Software entwickelt, welche den Betrieben die tägliche Dokumentation von Tätigkeiten für das betriebliche Management und für die ÖLN-Dokumentation erleichtern sollen. Diese Programme für den Pflanzenbau und die Tierhaltung entwickeln sich vom reinen Aufzeichnungstool immer mehr hin zu einem Farm Management- und Informationssystem (FMIS) mit zahlreichen Funktionalitäten. In einem FMIS ist eine Vielzahl von Auswertungen möglich, die entscheidende Hinweise für Verbesserungsmassnahmen im betriebswirtschaftlichen oder produktionstechnischen Bereich geben können.

© Swiss Future Farm, Florian Abt
Abb. 02.01: Die Arbeit am Computer ist heute auf Landwirtschaftsbetrieben Standard.

Anwendungsgebiete

FMIS werden vor allem eingesetzt für:

  • ÖLN-Aufzeichnungen
  • Aufzeichnungen für die Labelproduktion (z. B. IP-Suisse und SwissGAP)
  • Sonstige betriebliche Aufzeichnungen:
    • Bodenproben
    • Arbeitszeiten
    • Maschineneinsatz
    • Lagerverwaltung
    • Betriebsmitteleinsatz, vor allem Pflanzenschutz und Düngung
  • Betriebswirtschaftliche Auswertungen
    • Auswertungen zu Deckungsbeiträgen
    • Maschinenauslastung
  • Precision Farming-Anwendungen
    • Verwaltung von Geodaten/Parzellen
    • Spurlinienplanung für Parallelfahrsysteme
    • Auswertung von Daten aus Erntemaschinen (Parzellen- und Maschinenparameter)
    • Auswertung von Daten aus Nah- und Fernerkundung zum Zustand von Pflanzenbeständen (z. B. Drohnen- und Satellitenbilder)
    • Erstellung von Applikationskarten (z. B. für die teilflächenspezifische Aussaat, Pflanzenschutz oder Düngung)

Technologieüberblick

Grundtypen von Software

Software kann auf dem Computer installiert werden oder steht als sogenannte Web-Applikation zur Verfügung. Ausserdem gibt es mobile Apps für das Smartphone oder das Tablet.

Überblick über die Funktionsweise von Software

Desktop-AnwendungInstallation einer Software auf einem PC (z. B. Microsoft Word). Die Anwendung kann ohne Internetanbindung – also offline – benutzt werden. Die Installationsdateien werden inzwischen mehrheitlich vom Internet heruntergeladen. Desktop-Anwendungen werden mehr und mehr von Web-Applikationen bzw. von Cloud-Anwendungen abgelöst
Web-ApplikationWeb-Applikationen (z. B. Microsoft Office Online) werden nicht lokal auf einem Rechner des Benutzers installiert, sondern lassen sich über einen Internetbrowser (z. B. Firefox, Edge, Google Chrome, Safari) öffnen. Es braucht in der Regel ein Login, um die Anwendung zu öffnen, was eine vorherige Registrierung notwendig macht. Für die Benutzung via Smartphone oder Tablet ist die Anzeige auf dem Bildschirm ggf. optimiert. Es braucht eine Internetverbindung. Web-Applikationen sind vom Betriebssystem (Windows, macOS, Linux, Android, iOS) unabhängig. Eventuell braucht es aktuelle Browser oder spezielle Laufzeitumgebungen wie z. B. JavaScript oder Flash.
Mobile ApplikationMobile Applikationen (auch oft kurz: Apps) sind Anwendungen für Mobilgeräte (Smartphone und Tablet). Man unterscheidet native, plattformabhängige und plattformunabhängige Apps.
Native Apps sind auf das jeweilige Betriebssystem angepasst und werden über den jeweiligen App Store heruntergeladen (z. B. SBB-App). Apps können online oder offline verwendet werden. Sobald Daten übertragen werden, können bei Verbindungen ausserhalb des WLANs Verbindungskosten entstehen.
Eine Form der plattformunabhängigen Apps sind die Web-Apps, welche wie eine Web-Applikation für den Desktop via Internet-Browser aufgerufen werden (z. B. www.sbb.ch). Sie funktionieren meist unabhängig vom Betriebssystem auf dem jeweiligen Endgerät. Die Bildschirmansicht ist für die Anwendung auf dem Smartphone bzw. Tablet optimiert. Für die Bedienung braucht es eine Internetverbindung. Mobile Web-Apps werden nicht über den jeweiligen App Store angeboten.

Abb. 02.02: Massnahmenerfassung mit der App
Cloud ComputingCloud-Dienste (z. B. Microsoft Azure) stellen über das Internet eine IT-Infrastruktur zur Verfügung (Server, Datenbanken, Computerprogramme etc.). Eine Cloud-Anwendung wird nicht notwendigerweise über einen Browser geöffnet. Eine Anwendung im Offline-Modus ist möglich. Wird eine Datenverbindung hergestellt, werden Daten im Hintergrund synchronisiert. Cloud-Anwendungen sind skalierbar. Auf der Infrastruktur können beliebige Anwendungen aufgebaut werden.
Tab. 02.01
Abb. 02.03: Grundtypen von Software

Datenspeicherung – in der Cloud oder lokal?

Wo mit Software gearbeitet wird, fallen Daten an. Diese müssen gespeichert werden. Je nachdem, welche Art von Software verwendet wird, geschieht dies lokal auf dem eigenen Computer oder extern auf Servern. Bei Desktop-Anwendungen werden die Daten in der Regel lokal auf der Festplatte des PCs, also offline, gespeichert. Dies hat Vor- und Nachteile:

Vorteile

  • Der Nutzer weiss, wo sich seine Daten befinden. Niemand sonst hat Zugriff auf die Daten. Voraussetzung ist eine funktionierende Firewall bei Computern, die mit dem Internet verbunden sind.
  • Es ist keine Internetverbindung für den Datenzugriff notwendig.

Nachteile

  • Der Nutzer ist selbst für seine Datensicherung verantwortlich. Bei Festplattendefekten oder Virenangriffen können Daten verloren gehen. Es braucht deshalb ein wirksames Datensicherungskonzept.
  • Auf die Daten kann nur vom heimischen Rechner aus zugegriffen werden, d. h. es ist keine Nutzung über eine mobile App (auf dem Feld) möglich.
  • Daten können nicht direkt mit anderen Nutzern oder Programmen ausgetauscht werden, was die Zusammenarbeit erschwert.

Bei Web- bzw. Cloud-Applikationen werden die Daten in der sogenannten Cloud gespeichert. Die Cloud verfügt über ein Rechenzentrum mit entsprechender Serverinfrastruktur zur Speicherung der Daten. Die Speicherung von Daten in der Cloud hat Vor- und Nachteile:

Vorteile

  • Der Zugriff auf die Daten ist von verschiedenen Geräten zu jeder Zeit und von jedem Ort möglich, wenn Zugang zum Internet besteht.
  • Die Datensicherung übernimmt der Cloud-Anbieter. Man muss sich nicht selbst darum kümmern.
  • Durch entsprechende Verschlüsselungen werden die Daten vor Hackern unter Umständen besser geschützt als auf dem eigenen Computer.
  • Bei Verlust von Speichermedien (Stick, Speicherkarte, externen Festplatten) oder bei einem Defekt der Computerhardware sind die Daten nicht verloren und es muss auch kein Programm neu installiert werden.

Nachteile

  • Die Datensicherung wird aus der Hand gegeben und kann selbst nicht beeinflusst werden. Der Anwender ist darauf angewiesen, dass der Anbieter sich um die Sicherung der Daten kümmert.
  • Je nachdem, an welchem Ort das jeweilige Rechenzentrum liegt, kommt lokales Datenschutzrecht zur Anwendung. Dies kann sich teilweise erheblich vom Datenschutzrecht in der Schweiz unterscheiden. Ein sorgfältiges Durchlesen der AGB ist deshalb wichtig.
  • Auf die Daten kann nur bei bestehender Datenverbindung zugegriffen werden.

Anwendungsgebiete von FMIS

Landwirtschaftliche Software gibt es für zahlreiche Anwendungsbereiche. Manche beschränken sich auf ein kleines Einsatzgebiet (z. B. Feldkalender), andere decken mehrere Produktionsbereiche ab und erlauben die Auswertung und Vernetzung der eingegebenen Daten. Mit einer einfachen elektronischen Schlagkartei/Feldkalender kann man die täglichen Feldarbeiten ÖLN-konform dokumentieren und anlässlich einer Kontrolle übersichtlich dargestellt vorweisen. Mit den erfassten Daten lässt sich aber auch eine Düngeplanung berechnen oder Plan- bzw. Schlussbilanzen einer Nährstoffbilanz rechnen (Suisse-Bilanz). Über die Jahre kommen Daten zusammen, mit welchen sich Tendenzen und Entwicklungen beobachten lassen. Der Anwender kann Vergleiche anstellen und gezielt Verbesserungen vornehmen.

Im Pflanzenbau steht das Aufzeichnen der Arbeiten auf dem Feld im Vordergrund. Darüber hinaus sind Tools, welche eine Fruchtfolge- oder Düngeplanung erlauben, hilfreich. Ein weiteres Anwendungsfeld ist das Rechnen der Suisse-Bilanz mit einer vom Bundesamt für Landwirtschaft anerkannten Software. Bei Software, welche Maschinendaten einlesen kann, entfällt das mühsame Eintippen der Daten weitgehend und von der Maschine erfasste Datensätze müssen ggf. nur noch ergänzt werden.

Abb. 02.04: Massnahmendokumentation in der Desktop-Anwendung

FMIS haben eine bedeutende Funktion im Bereich des Precision Farmings. In Feldkalendern mit GIS-Funktionalität (GIS = geografische Informationssysteme) können Feldgrenzen, welche mit Globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS) vermessen worden sind, eingelesen und dargestellt werden. Dadurch können Feldeinteilungen (z. B. im Gemüsebau) präzise, einfach und vom Computer aus getätigt werden. Diese Teilflächen können dann wieder auf dem Traktor eingelesen und für die nachfolgende Bodenbearbeitung oder Aussaat verwendet werden. Die FMIS ermöglichen zudem die Planung von Spurlinien oder Applikationskarten für teilflächenspezifische Anwendungen (siehe Beitrag «Teilflächenspezifische Bewirtschaftung»). Weiter können die Daten, die auf der Maschine während der Bearbeitung anfallen, wieder im FMIS importiert werden. So können gezielt Auswertungen zum Dieselverbrauch getätigt oder GPS-basierte Ertragsdaten vom Mähdrescher oder Feldhäcksler eingelesen werden.

Abb. 02.05: Kulturübersicht inkl. geografischer Anzeige der Flächen

Viele FMIS bieten zudem Schnittstellen zu weiterer Sensorik auf dem Landwirtschaftsbetrieb. Auf diese Weise können verschiedene Daten wie z. B. Wetter-, Maschinen- oder auch Drohnendaten im Tool gebündelt werden.

Abb. 02.06: Management- und Informationssysteme in der Landwirtschaft

Anbieter auf dem Schweizer Markt

Der Markt für Anbieter im Bereich Pflanzenproduktion ist gross. Allerdings ist das Angebot an Software, die auf Schweizer Bedürfnisse angepasst ist, überschaubar. Will der Anwender Maschinendaten verarbeiten, ist er bisher oft noch auf internationale Lösungen angewiesen (z. B. FarmWorks, MyJohnDeere etc.). Aktuell können nur Barto und eFeldkalender als Schweizer Software Maschinendaten einbinden (Stand Mai 2020). Der Funktionsumfang der jeweiligen Software ist unterschiedlich und kein Produkt kann alles abdecken. Es ist deshalb wichtig, sich vor dem Entscheid für eine Software, genau über den jeweiligen Funktionsumfang zu informieren.

Die folgende Übersicht zeigt die gängigsten Applikationen für Schweizer Gemischtbetriebe:

  • eFeldkalender (www.feldkalender.ch): Der eFeldkalender ist eine Webapplikation für die Aufzeichnung der Feldmassnahmen und kann geräteübergreifend genutzt werden. Es können verschiedene Auswertungen erstellt werden. Die Aufzeichnungen können ÖLN- und SwissGAP-konform gemacht werden. Die Jahreslizenz kostet CHF 125 (Stand Mai 2020).
Abb. 02.07: Massnahmenerfassung im eFeldkalender auf dem Tablet
  • Barto (www.barto.ch): Barto bietet auf der Plattform mehrere Bausteine für die Administration des Landwirtschaftsbetriebs an. Ein Feldkalender, ein Wiesen- und Auslaufjournal sowie ein Baustein Suisse-Bilanz gehören zum Leistungsumfang. Der Leistungsumfang wird permanent erweitert. Eine Jahreslizenz für die Suisse-Bilanz kostet z. B. CHF 43 (Stand Mai 2020).
  • NEXTFarming Live (www.nextfarming.de): NEXTFarming ist ein FMIS für die Aussenwirtschaft und bietet auf seiner Plattform zahlreiche Bausteine für die Dokumentation und Planung von Feldmassnahmen. Die Plattform ist auf das Precision Farming ausgerichtet und verfügt über zahlreiche Schnittstellen. Die Stammdaten für die Schweiz sind nicht integriert. Preis auf Anfrage.
  • AGRO-TECH (www.agro-tech.ch): AGRO-TECH ist ein FMIS, welches auf dem Desktop installiert wird. Für die mobile Erfassung von Feldarbeiten steht eine mobile App zur Verfügung, welche mit der Software auf dem Computer synchronisiert wird. AGRO-TECH erlaubt die ÖLN- und SwissGAP-konforme Dokumentation. Daten aus dem Schlagregister können in die Suisse-Bilanz oder den Düngeplan übernommen werden. Je nach Lizenztyp kostet AGRO-TECH zwischen CHF 120 und CHF 284 pro Jahr (Stand Mai 2020).
Abb. 02.08: Mobile Massnahmenerfassung mit AGRO-TECH Mobile
  • Agroplus-Technik (www.agroplus.ch): Agroplus-Technik umfasst das gesamte ÖLN-Dossier und erlaubt eine SwissGAP-konforme Dokumentation. Es wird auf dem Desktop oder dem Agroplus-Server installiert. Massnahmen können mobil mit dem Tablet erfasst werden. Preis auf Anfrage.
  • ISAGRI (www.isagri-suisse.ch): ISAGRI verfügt über eine Schlagkartei für den Acker-, Obst-, Gemüse- und Weinbau. Es erlaubt eine GPS-Vermessung der Parzellen und Parallelfahren. Aufzeichnungen können SwissGAP-konform getätigt werden. Preis auf Anfrage.
  • IPS App Feldkalender (www.ipsuisse.ch): Die IPS App Feldkalender ist ein Schlagregister, welches entweder als Web-Applikation auf dem PC oder als native App auf iPhones oder Android-Smartphones benutzt werden kann. Die Aufzeichnungen können SwissGAP-konform gemacht werden. Es sind verschiedene Auswertungen möglich. Sie ist für IP-SUISSE-Mitglieder gratis (Stand Mai 2020).
  • Farmsolution IP-Manager und Farmsolution Feldmanager (www.agrosoft.ch): Mit der Software von Agrosoft kann die Nachweispflicht für den ÖLN und SwissGAP erfüllt werden. Im Feldmanager sind auch noch betriebswirtschaftliche Auswertungen möglich. Die Farmsolution IP-Manager Lizenz kostet CHF 300 exkl. MwSt., die Lizenz für den Farmsolution Feldmanager kostet CHF 450 (Stand Mai 2020).

Technische Spezifikationen

AgroplusAGRO-TECHFarmsolution IP-Manager und FeldmanagerIPS App FeldkalenderBartoeFeldkalenderISAGRINEXTFarming
InstallationDesktop oder Agroplus ServerDesktopDesktopWebWebWebWebWeb
Mobile AppJaJaJaJaJaJaJaJa
SchnittstellenNeinJaJaNeinJaJaJaJa
MaschinenanbindungNeinNeinNeinNeinJaJak. A.Ja
MehrbenutzeranwendungJaJa (nur mobile App)k. A.k. A.Jak. A.k. A.Ja
SupportJaJaJaAnleitung zum DownloadJaVideoanleitungenJaJa
GIS-AnwendungNeinNeinNeinNeinJaNeinJaJa
Tab. 02.02: Genauere Angaben zum Funktionsumfang, den Preisen etc. finden sich auf den Websites der Hersteller. In einschlägigen Fachzeitschriften kann man sich über Vor- und Nachteile der jeweiligen Programme informieren.

Welche Aufzeichnungshilfe ist die richtige für meinen Betrieb?

Aus der Vielzahl von elektronischen Aufzeichnungshilfen gilt es, für den eigenen Betrieb die passende Software zu finden. Zuerst braucht es Klarheit über die Bedürfnisse. Was soll die ideale Aufzeichnungshilfe können? Welche Entwicklungen sind zu erwarten und welche Bedürfnisse können mit der Zeit entstehen?

Die meiste Software kann für einen begrenzten Zeitraum gratis getestet werden, oft sogar mit dem vollen Funktionsumfang. Das Ausprobieren verschiedener Programme hilft herauszufinden, welches Programm den eigenen Bedürfnissen an Funktionsumfang und Benutzerführung am besten entspricht. Allerdings müssen am Anfang erst einmal sehr viele Grunddaten erfasst werden. Der Aufwand dafür sollte nicht unterschätzt werden. Jedes Programm umfangreich zu testen, kann also sehr aufwendig werden und ist deshalb nicht ratsam.

Neben den Internetseiten der Hersteller gibt die direkte Information bei Berufskollegen, Beratern oder Treuhandstellen einen ersten Überblick. Welche Produkte werden empfohlen? Was ist gut daran? Was ist verbesserungswürdig? Was empfehlen sie? Wichtig ist, diese Informationen vernünftig zu werten. Häufig wird Negatives zu stark und Positives zu wenig gewichtet. Eine ausgewogene Betrachtung erhöht die Aussagekraft.

Die Beratung des Anbieters muss hinsichtlich Orientierung an den Kundenbedürfnissen und der Fachkompetenz überzeugen. Das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer sollte vertrauensvoll und partnerschaftlich sein, da man oft über Jahre hinweg zusammenarbeiten wird.

Man sollte sich umfassend mit dem Programm und seinen Möglichkeiten vertraut machen und es konsequent im Alltag einsetzen.

Fragen, die man sich vor dem Entscheid für eine Software stellen sollte:

  • Wofür möchte ich die Aufzeichnungshilfe benutzen? (Dokumentation der täglichen Feldarbeiten, betriebswirtschaftliche Auswertungen, Erfassung der Arbeitszeiten etc.)
  • Möchte ich von extern auf die Daten zugreifen können?
  • Möchte ich die Daten mobil erfassen können?
  • Sollen die Daten auf meinem PC oder in der Cloud gespeichert werden?
  • Möchte ich meine Maschinen mit dem System verbinden können?
  • Wie ist die Kompatibilität mit Datenformaten von auf dem Betrieb jetzt vorhandenen oder zukünftig geplanten Maschinen und Einrichtungen?

Die für eine saubere Entscheidungsfindung notwendige Zeit ist gut investiert. Vom Benutzer zeitaufwendig eingegebene Daten sind die Basis für ein erfolgreiches Betriebsmanagement. In der Regel können Datenbestände nicht einfach von einer Software in die andere übertragen werden. Daher ist darauf zu achten, dass das heute gekaufte Programm auch noch nach mehreren Jahren die vielleicht gewandelten Bedürfnisse zufriedenstellt.

Der Preis bietet eine Orientierung, kann aber von wichtigen anderen Einflussgrössen ablenken. Erst wenn die betrieblichen Anforderungen und die individuellen Anwenderbedürfnisse erfüllt sind, sollte eine Auswahl auch über den Preis erfolgen.

Wartung und Support

Der Support durch den Anbieter ist sehr wichtig und darf auch etwas kosten. Zu Beginn der Arbeit mit einer Software kann es sein, dass man sich überfordert fühlt. Das ist ganz normal. Die Einarbeitung in etwas Neues braucht Zeit und kostet vielleicht auch Nerven. Einführungskurse und eine schnell verfügbare Hotline helfen hier weiter. Wer meint, alles allein, ganz schnell und am besten noch ohne Studieren der Bedienungsanleitung lernen zu wollen, wird schnell frustriert sein. Daher ist auch die Arbeit mit Testversionen nur bedingt aussagekräftig. Gerade bei komplexen Programmen reicht ein schneller Einblick kaum aus, um sich ein zuverlässiges Urteil zu bilden.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Produkts muss sichergestellt sein: seien es geänderte gesetzliche Anforderungen an die Dokumentation oder innovative technische Möglichkeiten. Der Hersteller sollte darauf reagieren und dem Landwirt immer eine dem heutigen technischen Stand entsprechende Software zur Verfügung stellen.

Arbeitswirtschaftliche Aspekte

Man muss kein Profi am Computer sein; ein gewisses Flair für Arbeiten am Computer ist allerdings Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten mit EDV-Hilfsmitteln.

Nebst der reinen Möglichkeit zur Erfüllung der ÖLN-Dokumentationspflicht bieten FMIS eine gute Managementhilfe für den Betrieb. Allein zur Erfüllung der Nachweis- und Aufzeichnungspflicht genügt es zu einem grossen Teil, die Tätigkeiten auf dem Betrieb auf Papier zu erfassen. Die Aufzeichnung mithilfe von spezifischer Software bietet jedoch gegenüber der papiergebundenen Aufzeichnung entscheidende Vorteile:

  • Die erfassten Daten können vielfach verwendet werden.
  • Daten können verknüpft und Berechnungen automatisch ausgeführt werden. Auch eine Übertragung in andere Software ist unter Umständen möglich und erspart so die doppelte Erfassung.
  • Mit Apps auf Mobilgeräten können die Aufzeichnungen in dem Moment und an dem Ort gemacht werden, in oder an dem die Tätigkeit durchgeführt wird oder die Aufzeichnung kann auf allfällige Mitarbeitende übertragen werden.
  • Die meiste Software hat ausserdem eine umfangreiche Stammdatenbank im Hintergrund, in welcher z. B. Kulturen, Dünge- und Pflanzenschutzmittel enthalten sind. Aus dieser Datenbank können die benutzten Produktionsmittel jeweils ausgelesen und verwendet werden. Ausserdem können die hinterlegten Betriebsmittel (Dünger, Pflanzenschutzmittel, Saatgut) einem Lager zugewiesen werden, aus dem bei jeder Massnahmenbuchung die Menge der verwendeten Betriebsmittel aus dem Lager ausgebucht werden. Damit wird die Führung des Inventars quasi automatisiert.
  • Weiter bieten die Programme eine Vereinfachung in der Fruchtfolgeplanung, Düngergabenrechnung über mehrere Jahre hinweg und in der jahresübergreifenden Auswertung.

Betriebswirtschaftliche Aspekte

Durch die zentrale Dokumentation im FMIS sind die betriebswirtschaftlich relevanten Zahlen an einem Ort gebündelt und können für Auswertungen genutzt werden. So kann die Arbeitszeit mit den Maschinenstunden sowie den verwendeten Betriebsmitteln pro Feld kombiniert werden. Die zugewiesenen Preise und die gelösten Erlöse lassen sich automatisiert zu detaillierten Deckungsbeitragsrechnungen zusammenfügen. Mehrjährige Kulturerlöse lassen sich auf diese Weise gegenüberstellen und einzelne Produktionsbereiche im Betrieb vergleichen.

Software kostet Geld. Mit den Nutzungsgebühren wird die Entwicklung und Wartung der Software finanziert. Während früher Software häufig gekauft wurde, fallen heutzutage meist Abogebühren an. Abos werden entweder monatlich oder jährlich abgeschlossen. Sie werden meist automatisch verlängert, wenn sie nicht fristgerecht gekündigt werden (AGB beachten). Es gibt auch Abosysteme, welche sich auf die Betriebsgrösse beziehen (Preis je ha bewirtschaftete Fläche). Bei modular aufgebauten Anwendungen werden Gebühren nur für die jeweils gebuchten Module fällig. Die genauen Kosten sind meist über die Herstellerseite der Anbieter zu erfahren oder auch erst auf Anfrage.

Entwicklungsperspektiven

Umfragen bei Schweizer Landwirten zeigen, dass ein grosses Bedürfnis besteht, den administrativen Aufwand zu verringern. Die digitalen Systeme konnten in dieser Hinsicht jedoch bis anhin keine Abhilfe schaffen. Sie erleichtern zwar die Verwaltung der Daten auf dem Betrieb, das Problem der oftmaligen Mehrfacherfassung für unterschiedliche Datenempfänger (Kantonssysteme, Bundessysteme, Zuchtverbände etc.) konnten sie aber bisher nicht lösen. Dazu braucht es eine geeignete Schnittstelle zu den Programmen der Verwaltung. Mit einem Masterdatenkonzept verfolgen die Bundesämter für Landwirtschaft (BLW), Statistik (BFS) sowie Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) das Ziel der Vereinfachung des Datenmanagements entlang der Lebensmittelkette. Weiter arbeitet das BLW an einer Lösung zur Weitergabe von Daten aus den Bundessystemen an Dritte (DfD2). Damit wird das Ziel verfolgt, dass auf Anfrage und Genehmigung durch die Bewirtschafterin Daten aus den Bundessystemen an Drittempfänger (z. B. Labelorganisationen) weitergegeben werden können. Mehrfacherfassungen könnten auf diese Weise wegfallen.

Abb. 02.09: Importierte Spurlinien via Agrirouter

Dank der cloudbasierten Programmierung bieten FMIS bereits heute Schnittstellen zu Maschinen und verschiedener Sensorik (z. B. Wetterstationen). Zudem können die Daten via mobile App immer im aktuellen Zustand eingesehen werden. Jedoch gestaltet sich der Austausch von Daten zwischen verschiedenen Landmaschinen, Sensoren und Software oftmals komplex und nicht alle Systeme sind (auf Anhieb) kompatibel. Mit dem Agrirouter konnte eine erste Datendrehscheibe für den Austausch von landwirtschaftlichen Daten geschaffen werden, an der sich unterschiedliche Landtechnikhersteller und Softwareanbieter beteiligen.

Weiter sind FMIS heute stark auf einzelne Produktionsbereiche spezialisiert. Es fehlt eine betriebsinterne Datenverknüpfung von Innen- und Aussenwirtschaft. Diese Zusammenhänge werden aber in Zukunft vor allem mit Blick auf das Qualitätsmanagement weiter an Bedeutung gewinnen.

Abb. 02.10: Datenflüsse – jetzt und in Zukunft (durchgezogene Linien bereits etabliert, gestrichelte Linien in Planung)

Referenzen

  • ART-Bericht Nr. 697 (2008) Software in der Landwirtschaft – Marktüberblick und Entscheidungshilfe
  • Unterlagen zum Kurs: Digitale Hilfsmittel für das Büro, Florian Abt, BBZ Arenenberg

Glossar

Agrirouter: universelle Datenaustauschplattform für Landwirte und Lohnunternehmer, mit der Maschinen und Agrarsoftware herstellerübergreifend verbunden werden können (https://my-agrirouter.com/de/); reiner Datentransport, keine Datenspeicherung

Betriebssystem: auch OS von operating system. Software, die den Betrieb eines Computers steuert. Stellt die Kommunikation zwischen Hardware, Software und Benutzer sicher. Bekannte Betriebssysteme: Windows, Linux, macOS

Browser: Software für den Zugang zum Internet (z. B. Firefox, Google Chrome, Edge, Safari)

PC (personal computer): Mehrzweckcomputer für den individuellen persönlichen Gebrauch

Desktop-Computer: Arbeitsplatzrechner auf Schreibtischen in einem Gehäuse; oft auch synonym mit PC verwendet

Endgerät: Gerät, das an einem Netzanschluss eines Telekommunikationsnetzes angeschlossen ist (z. B. Smartphone, Computer etc.)

Farm Management- und Informationssystem (FMIS): Informationstechnische Systeme zum Sammeln, Bearbeiten, Analysieren, Speichern und Kommunizieren von Daten in einer Form, welche für die Ausführung von Prozessen und Funktionen in der Landwirtschaft nötig ist

Festplatte: auch HD von hard disk; Speichermedium eines Computers

GIS: Geografische Informationssysteme dienen der Erfassung, Bearbeitung und Präsentation von Daten bezogen auf die Erdoberfläche.

GNSS: System zur Positionsbestimmung und Navigation auf der Erde und in der Luft durch Satellitenempfang; Überbegriff für bestehende Satellitensysteme wie GPS (USA), GLONASS (Russland) oder Galileo (Europa)

Offline: eine getrennte oder nicht mehr betriebsbereite Verbindung zum Internet

Online: intakte und betriebsbereite Verbindung eines Gerätes mit dem Internet

Precision Farming: englisch für Präzisionslandwirtschaft; Verfahren der zielgerichteten Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen; Standorteigenschaften werden gemessen und bei der Bewirtschaftung einbezogen.

Rechenzentrum: Räumlichkeiten mit zentraler Rechentechnik zur Ausführung umfangreicher Berechnungen in der Datenverarbeitung

Schnittstellen: Verbindungsstelle zum Austausch von Daten

Sensorik: Teilgebiet der Messtechnik, das sich mit der Entwicklung und dem Einsatz von Messfühlern (Sensoren) befasst.

Stammdatenbank: Daten, welche Grundinformationen enthalten; z.B. Liste der zugelassenen Pflanzenschutzmittel

Support: Kundenbetreuung im Fall von Fragen oder Problemen mit einer Software

Hinweis

Die Texte und das Bildmaterial stammen aus dem Fachmedium «Digitale Technologien in der Landwirtschaft», das von der Edition-lmz AG 2021 herausgegeben wurde.

Autor*innen: Martina Rösch, Martin Holpp, Florian Abt, Dominique Flury

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