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Eigentums- und Rechtsformen der Alpbetriebe

Die Schweizer Alpbetriebe kennen unterschiedliche Eigentums- und Rechtsformen. Sowohl Alpen im Privatbesitz als auch kollektive Organisationsformen kommen häufig vor. Die Verbreitung der Rechtsformen ist regional unterschiedlich und traditionell verankert.

Inhaltsverzeichnis

This entry is part 1 of 7 in the series Alpbetrieb und Alppersonal

Grundlagen

Bewirtschaftende von Sömmerungsbetrieben sind meistens natürliche Personen und einfache Gesellschaften (Geschwister-Gesellschaft, Mehr-Generationen-Gesellschaft, usw.); diese Rechtsformen sind auch für Ganzjahresbetriebe üblich. Als Besonderheit kommen bei der Sömmerung aber weitere Rechtsformen häufig vor, wie privatrechtliche Genossenschaften oder öffentlich-rechtliche Körperschaften (Korporationen). Diese Rechtsformen haben ihre Wurzeln einerseits in der Tradition, andererseits in der Wirtschaftlichkeit. Denn die kollektive Bewirtschaftung weist wirtschaftliche Vorteile auf.

Bewirtschaftungsverhältnisse der Sömmerungsbetriebe, Agrarbericht 2022, BLW

Sowohl die Eigentumsform wie auch die Bewirtschaftung der Alpbetriebe können privat oder kollektiv organisiert sein.

Beide Kriterien lassen sich kombinieren :

Rechtsform

Bewirtschaftung
Privatalp


Alp im Kollektiveigentum bzw. im Besitz der
öffentlichen Hand

EinzelalpungAlpweiden und Gebäude in privatem Besitz
einer Landwirtin oder eines Landwirtes, die
oder der sie selber nutzt oder verpachtet.
Verbreitet im Berner Oberland, Luzern,
Appenzell und auch in der Westschweiz
(38,0 % der Schweizer Alpbetriebe)
Alpweiden in kollektivem Besitz, die Gebäude
häufig in privatem Eigentum der Landwirte.
Häufig in der Zentralschweiz, der Ostschweiz
und in Walliser Alpdörfern (40,1 % aller Alp-
betriebe).
Kollektive
Bewirtschaftung
Alpweiden und Gebäude in privatem Besitz,
Die Alp wird von mehreren Landwirten
genossenschaftlich bestossen (0,5 % aller
Alpbetriebe).
Alpweiden in kollektivem Besitz, die genos-
senschaftlich bewirtschaftet werden, in der
Regel mit angestelltem Alppersonal. Häufig in
Graubünden (21,5 % aller Alpbetriebe).
Tabelle “Alpen können entweder im Privatbesitz oder im kollektiven Eigentum sein und die Bewirtschaftung kann ebenfalls privat oder kollektiv organisiert sein. Beide Kriterien lassen sich kombinieren”, Synthesebericht AlpFUTUR 2014, Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft, S. 24

Genossenschaft / Geteilschaften / Vereine

Hinweis: Die folgenden Informationen stammen aus dem Synthesebericht AlpFUTUR aus 2014 “Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft”.

Eine Alpgenossenschaft ist ein Zusammenschluss von Bestösser/innen einer Alp, die Alprechte einer Genossenschaftsalp besitzen. Auch bei expliziter Verwendung des Begriffe “Genossenschaft” in Titel und Reglementen handelt es sich meist nicht um Genossenschaften gemäss Obligationenrecht, sondern um Körperschaften nach kantonalem Recht (Vereine). Dies zeigt sich unter anderem bei der Zuteilung der Stimmrechte, die als Kopfstimmrecht (wie bei der Genossenschaft nach Obligationenrecht zwingend) oder in Abhängigkeit des Besitzes von Alprechten vergeben werden können.

Alprechte sind die Eigentumseinheiten von Kollektivalpen. Sie geben den Besitzer/innen das Recht, eine bestimmte Anzahl von Tieren, allenfalls detailliert nach Art oder Kategorie, auf dem jeweiligen Betrieb zu sömmern. Der amtlich verfügte Normalbesatz eines Sömmerungsbetriebes hat keinen direkten Zusammenhang mit der Anzahl Alprechte, die der Betrieb aufweist. Die Alprechte können frei handelbar oder an den Besitz von Parzellen im Talgebiet der jeweiligen Gemeinde gebunden sein.

Alpwerk (oder Gemeinwerk) heissen konkrete Arbeitsleistungen auf der Alp, die die Tierhaltung oder Produktverarbeitung nicht direkt betreffen und deshalb nicht täglich ausgeführt werden, z. B. die Pflege der Weiden, die Verteilung des Mistes oder der Gülle, das Zäunen, oder die Reparatur von Wegen, Wasserleitungen und Gebäuden. Auf Kollektivalpen wird das Alpwerk meist durch die Bestösser/innen geleistet. Wie viele Alpwerkstunden pro aufgetriebenes Tier im Falle von Kollektivalpen zu leisten sind, regeln die Sömmerungsbetriebe unterschiedlich.

Im Unterschied zu Privatalpen, wo die Eigentümer/innen oft mitarbeiten, sind auf Kollektivalpen die angestellten Älpler/innen oft auf sich alleine gestellt, weshalb es dort für die Kontinuität besonders wichtig ist, dass sie mehrere Sommer auf dieselbe Alp zurückkehren.

➔ Plantahof – Musterreglemente und -statuten für öffentlich-rechtliche oder private Alpgenossenschaften

➔ Kanton Wallis – Betriebsreglement Alp

Bürgergemeinde / Bourgeoisie / Patriziato / Vischnanca Burgaisa

Die Bürgergemeinde (französisch bourgeoisie und commune bourgeoise, italienisch patriziato, rätoromanisch vischnanca burgaisa; je nach Kanton auch Burger- oder Ortsgemeinde genannt) ist eine Personalkörperschaft des kantonalen öffentlichen Rechts, die noch in rund der Hälfte der Schweizer Kantone existieren. Ihr gehören unabhängig vom aktuellen Wohnort ausschliesslich natürliche Personen an, die den Status des Bürgers oder der Bürgerin und damit das Heimatrecht der Bürgergemeinde besitzen. Die Bürgergemeinden sind nicht dasselbe wie politische Gemeinden (auch Einwohnergemeinden genannt) oder Kirchgemeinden.

Die Bürgergemeinde besitzt, anders als die politische Gemeinde, weder ein bestimmtes Hoheitsgebiet noch verfügt sie über die Steuerhoheit, häufig aber über beträchtliches Vermögen. Bürgergemeinden verwalten in der Regel die aus der Zeit des Ancien Régime übernommenen Bürgergüter wie z.B. Wald oder Alpen, soweit diese Aufgaben nicht anderen Körperschaft zugewiesen sind. Gewissen Bürgergemeinden kommt heutzutage grosse Bedeutung in Bezug auf Forst- und Landwirtschaft, Landschaftsschutz und -pflege, Umwelt- und Heimatschutz sowie Raumplanung zu.

Bürgergemeinden kommen in der Schweiz noch in vierzehn Kantonen vor und haben je nach Region unterschiedliche Bezeichnungen:

  • Bourgeoisie: Unterwallis
  • Burgergemeinde: Kanton Bern und Oberwallis
  • Bürgergemeinde: Obwalden, Zug, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft
  • Commune bourgeoise: französischsprachiger Teil des Kantons Bern sowie Kanton Jura
  • Ortsbürgergemeinde: Kantonen Uri, Aargau und Thurgau
  • Ortsgemeinde: Kanton St. Gallen
  • Patriziato: Kanton Tessin
  • Vischnanca burgaisa: rätoromanischsprachige Gegenden des Kantons Graubünden

Bürgergemeinde auf Wikipedia.

Privatalp

Hinweis: Die folgenden Informationen stammen aus dem Synthesebericht AlpFUTUR aus 2014 “Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft”.

Bei Privatalpen sind Alpweiden und Gebäude in privatem Besitz. Privatalpen können sowohl von einzelnen Bewirtschafter/innen (natürliche Personen) geführt werden, als auch von mehreren Bewirtschaftenden gemeinsam (Geschwister-Gesellschaft, Mehr-Generationen-Gesellschaft, usw.).

Privatalpen werden meist parallel mit einem Heimbetrieb und von Familienmitgliedern bewirtschaftet. Dadurch können sich zwei Einkommen, die für sich allein zu klein wären, zu einem existenzsichernden Einkommen ergänzen. Das erklärt die Kombination von kleinstrukturierter Tallandwirtschaft und kleinstrukturierter Alpwirtschaft in verschiedenen Teilen der Schweiz (z.B. Berner Oberland, Zentralschweiz, Toggenburg). Die doppelte Betriebsführung stellt aber hohe Anforderungen an die betriebliche Planung zur Bewältigung der Arbeitsspitzen.

Die Privatalp ist buchhalterisch in den Heimbetrieb integriert. Um die Wirtschaftlichkeit der Sömmerung auf einer Privatalp zu berechnen, muss die Alp buchhalterisch aus dem Gesamtbetrieb herausgelöst werden. Dabei stellen sich einige knifflige Fragen, wie Aufwand und Leistung zwischen den beiden Betrieben zu verteilen sind. Die Bewirtschaftenden einer Privatalp sind Besitzer/innen oder Pächter/innen ihrer Gebäude und ihrer Weiderechte. Sie wirtschaften auf eigene Rechnung mit dem Ziel (nebst anderen Zielen), mit ihrer Arbeit einen möglichst hohen Verdienst zu erzielen. In vielen Fällen nehmen sie dabei fremdes Vieh «in Pension». Die Tierbesitzer/innen bezahlen hierfür eine Sömmerungstaxe oder überlassen, bei Milchkühen, dem Alpbetrieb einen Teil der produzierten Milch («Küheranteil», sieben bis elf Liter pro Tag). Die restliche Milch gehört den Tierbesitzer/innen, meist in Form von Käse und Butter. Einige Alpen mieten auch die Kühe; die Milch, die diese während der Mietdauer geben, gehört dann der Alp.

Korporationen

Hinweis: Die folgenden Informationen stammen aus dem Synthesebericht AlpFUTUR aus 2014 “Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft”.

Korporationen sind Körperschaften, die aus der gemeinsamen Nutzung von Allmenden, Wäldern und Alpen im Mittelalter hervorgegangen sind. Nutzungsberechtigt konnte man oft nur durch Abstammung, Ortsansässigkeit oder Besitz einer Liegenschaft im fest abgegrenzten Genossenkreis werden. Die noch heute bestehenden Alpkorporationen als Besitzerinnen der Korporationsalpen gelten in den meisten Kantonen als Körperschaften des öffentlichen Rechtes und geniessen Eigentumsgarantie sowie weitgehende Autonomie. Sie werden von einer Gemeinschaft verwaltet.

Mit den Korporationen, wie etwa der Oberallmeindkorporation Schwyz oder den Korporationen Uri und Ursern, bestehen in der Zentralschweiz parallel zu den politischen Gemeinden wichtige öffentlich-rechtliche Eigentums- und Verwaltungseinheiten. Flächenmässig wie wirtschaftlich bedeutende Korporationen wie die drei genannten Beispiele haben grossen Einfluss auf die Alppolitik der Kantone.

Auf der Korporationsalp gehören die erzeugten Produkte den Tierbesitzer/innen respektive den Korporationsmitgliedern. Die Alprechnung einer Korporationsalp beinhaltet auf der Einnahmeseite meist ausschliesslich die Sömmerungsbeiträge, die von den Mitgliedern zu bezahlenden Sömmerungstaxen, Erlöse aus Direktverkauf und den Wert des Eigenkonsums von Milchprodukten. Auf der Ausgabenseite stehen alle mit der Alp verbundenen Kosten inklusive Löhne und Kosten für Kost und Logis des Personals, mit Ausnahme der Tierarzt- und Besamungskosten (die gehen meist zulasten der Tierbesitzer/innen).

Gemeindealpen

Hinweis: Die folgenden Informationen stammen aus dem Synthesebericht AlpFUTUR aus 2014 “Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft”.

Gemeindealpen sind Alpen, die einer politischen Gemeinde gehören. Knapp die Hälfte der Weideflächen und Gebäude von Sömmerungsbetrieben in der Schweiz befinden sich im Besitz von Gemeinden.

Bei Alpen im Gemeindebesitz übernimmt die besitzende Gemeinde oft einen bedeutenden Teil der Kosten für Gebäude, Einrichtungen und Erschliessung.

Die Gemeindealpen sind im Spannungsfeld zwischen Landschaftspflege, Tourismus und Produktion besonders gefordert: Gemeinden vertreten die Interessen der Öffentlichkeit (an Kulturlandschaft und Biodiversität), die Landwirte oder Alpgenossenschaften interessiert dagegen der Erhalt der Produktionsgrundlage.

Impressum

Titelbild: AGRIDEA

Bibliografie:

  • Niederer, A. (1956). Gemeinwerk im Wallis: Bäuerliche Gemeinschaftsarbeit in Vergangenheit und Gegenwart. Basel, Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde.
  • Ostrom, E. (1999). Die Verfassung der Allmende: Jenseits von Staat und Markt. Tübingen, Mohr Siebeck.

Ein Projekt von:

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Kontakt:

Esther Haesen, AGRIDEA

Selina Droz, SAV

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