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Pflanzenschutz

Einführung und Technologieüberblick digitale Technologien im Pflanzenbau

Beim Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft fällt unmittelbar das Wort Precision Farming oder Präzisionslandwirtschaft. Die Präzisionslandwirtschaft im heutigen Sinne baut auf den Einsatz modernster landwirtschaftlicher Technologien mit dem Ziel, die pflanzenbauliche und tierische Produktion sowie das Betriebsmanagement zu optimieren und die eingesetzten Ressourcen effizient zu nutzen.

Inhaltsverzeichnis

This entry is part 2 of 9 in the series Digitale Technologien in der Landwirtschaft

Beim Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft fällt unmittelbar das Wort Precision Farming. Der Grundgedanke der Präzisionslandwirtschaft oder Precision Agriculture ist eigentlich so alt wie die Landwirtschaft selbst. Seit Menschen ihre Körper- und Geisteskraft dafür einsetzen, um auf fruchtbarem Boden Nahrungsmittel anzubauen, wird dabei einem Optimierungsstreben nachgegangen. Kein Saatgut oder Mist soll vergeudet, kein Ertrag verschenkt und mit der bestehenden Futterfläche soll die optimale Menge Milch produziert werden.

Abb. 01.01: Automatisierter Aussaat- und Hackvorgang durch einen solarbetriebenen Roboter

Was ist Präzisionslandwirtschaft?

Die Präzisionslandwirtschaft im heutigen Sinne baut auf den Einsatz modernster landwirtschaftlicher Technologien mit dem Ziel, die pflanzenbauliche und tierische Produktion sowie das Betriebsmanagement zu optimieren und die eingesetzten Ressourcen effizient zu nutzen. Durch eine standortangepasste und optimierte Bewirtschaftung bei geringstmöglichen Umwelteinträgen soll die Nachhaltigkeit gesichert werden.

Die Präzisionslandwirtschaft wird aufgeteilt auf die Gebiete des Präzisen Pflanzenbaus (Precision Farming) und der Präzisen Nutztierhaltung (Precision Livestock Farming). Synonym werden auch die Begriffe Smart Farming, Digital Farming, Farming 4.0 oder Landwirtschaft 4.0 verwendet. Letztere zwei Begriffe nehmen Bezug auf die Entwicklungen in der Industrie (Industrie 1.0, 2.0, 3.0 und 4.0), lassen sich jedoch nicht eins zu eins auf die Landwirtschaft übertragen.

Entstehung der Präzisionslandwirtschaft

Die Anfänge für den präzisen Ackerbau reichen in die späten 1980er Jahre zurück und hatten ihren Ursprung in den grossstrukturierten Landwirtschaftsgebieten.

Abb. 01.03 und 01.04: Mähdrescher mit Ertragskartierung sind heutzutage auch auf Schweizer Äckern vermehrt anzutreffen. Zunehmend verbreitet ist auch die Drohne, die während der Vegetationszeit einen guten Überblick über die Biomasseverteilung im Feld gibt.

Mit der Freigabe des ursprünglich militärisch genutzten GNSS-Signals (Globales Navigationssatellitensystem), (siehe Beitrag «Globale Navigationssatellitensysteme») für zivile Anwendungen konnten Mähdrescher mit GNSS-Empfängern und Durchsatzsystemen ausgerüstet werden. Dies ermöglichte erstmals die positionsgenaue, georeferenzierte Erfassung der Erträge; mit den Daten konnten die Ertragsunterschiede innerhalb eines Schlages in Karten dargestellt werden. Die abgebildeten mehrjährigen Unterschiede wurden genutzt, um die Schläge in Teilflächen einzuteilen und individuell zu bewirtschaften (siehe Beitrag «Teilflächenspezifische Bewirtschaftung»).

Abb. 01.05: Traktor mit Biomassesensor bei der teilflächenspezifischen Düngung

Präzisionslandwirtschaft in der Schweiz

Bis heute haben sich im Bereich der Precision Farming-Technologien in der Schweiz vor allem die GNSS-basierten Lenksysteme (siehe Beitrag «Parallelfahrsysteme») durchgesetzt. Diese Systeme bringen dem Fahrer oder der Fahrerin eine direkt spürbare Arbeitsentlastung, arbeiten auch bei ungünstigen Wetterbedingungen zuverlässig und ermöglichen eine genauere Beobachtung der Anbaugeräte und der Bestände während der Feldarbeit. Die Lenksysteme bilden die Grundlage für den Einstieg ins Precision Farming. Weiter werden heute bereits auf circa 6 Prozent der Schweizer Milchviehbetriebe Melkroboter eingesetzt.

Ob Precision Farming oder Precision Livestock Farming-Technologien auf den Betrieben zum Einsatz kommen, ist vom arbeits- und betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Verhältnis der jeweiligen Technologie sowie der Technologieaffinität der Betriebsleitenden abhängig. Jedoch zeigt der Trend sowohl in der Tierhaltung als auch im Feldbau in Richtung grössere Strukturen und vermehrtes Übertragen von Arbeiten an Lohnunternehmen. In diesem Umfeld gewinnen digitale Technologien zusätzlich an Bedeutung, da sie die Betriebsleitenden bei steigenden Herdengrössen in der Tierbeobachtung unterstützen oder die Arbeitsqualität bei Lohnarbeiten durch präzises Steuern der Maschinen erhöhen und die ausgeführten Arbeiten punktgenau dokumentieren können. Auch die von Politik und Markt bis auf Stufe Produktion geforderte detaillierte Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln lässt sich nur durch den Einsatz digitaler Technologien konsequent umsetzen.

Rückverfolgbarkeit am Beispiel Rindfleisch

Verarbeitung

•Im Zerlegebetrieb erfolgt die Kennzeichnung der Schlachthälften mit der Tierverkehrsdatenbank-Nummer, die Kennzeichnung der Teilstücke nach der Feinzerlegung mit einer Chargennummer des jeweiligen Betriebs.
•Vom Verkaufspunkt aus kann zurückverfolgt werden, von welchem Schweizer Betrieb ein Fleischstück resp. das Tier stammt.
Schlachtung

•Beim Abladen findet eine Lebendtierschau statt.
•Die Identität des Tieres wird anhand der Begleitdokumente und der Ohrmarkennummer durch das Personal des Schlachtbetriebs überprüft.
•Der Schlachtbetrieb meldet der Tierverkehrsdatenbank die Schlachtung.
•Während der Schlachtung wird das Fleisch durch ausgebildete Fleischkontrolleure begutachtet.
•Die Tierverkehrsdatenbank-Nummer geht mit dem Schlachtkörper in die Zerlegerei.
Transport

•Für Transporte zwischen verschiedenen Betrieben oder zum Schlachthof ist ein während 24 Stunden gültiges Begleitdokument mit allen relevanten Daten zum Tier notwendig.
•Jeder Tierhaltungsbetrieb hat eine eigene Nummer.
Aufenthalt

•Jede Standortveränderung des Tieres wird dokumentiert durch eine Ab- resp. Zugangsmeldung an die Tierverkehrsdatenbank. Sämtliche Aufenthaltsorte sind dort aufgezeichnet und können jederzeit eingesehen werden.
Geburt

•Das Tier wird bei der Geburt mit zwei registrierten Ohrmarken gekennzeichnet. Damit ist eine lebenslange Identifikation möglich und der Weg des Tieres ist über seine individuelle Identitätsnummer jederzeit rückverfolgbar.
•Die Geburtsmeldung erfolgt durch den Tierhalter an die Tierverkehrsdatenbank.

Tab. 01.01: Rückverfolgbarkeit am Beispiel Rindfleisch (Quelle: Proviande 2009)

Auch die Anforderungen an die Betriebsdokumentation werden künftig steigen. Eine digitale, (teil-)automatisierte Dokumentation bietet die Chance, diesen Anforderungen zu begegnen, ohne einen vermehrten administrativen Aufwand für die Betriebe zu verursachen. Weiter muss es das Ziel sein, diese gesammelten Daten auch nutzbringend für das betriebliche Management einzusetzen.

Die digitalen Werkzeuge sind nützliche Helfer, die bereits heute zu grosser Arbeitsentlastung und Informationsgewinn führen können. Der permanent mögliche Blick auf die präferierte Wetter-App mit Regenradar – eventuell sogar direkt verknüpft mit der betriebseigenen Wetterstation – ermöglicht eine präzise Terminierung der Feldarbeiten. Eine mit dem Smartphone verknüpfte Kamera in der Abkalbebox ermöglicht stressfreiere Abende und das schnelle Senden eines Fotos des Weizenbestandes an die Beraterin vereinfacht den Austausch.

Abb. 01.06: Lokale Wetterstationen messen die entscheidenden Wetterparameter direkt am Ort des Geschehens.
Abb. 01.07: Die Betrachtung der aktuellen Bodentemperatur via Smartphone-App in verschiedenen Tiefen kann bei der Terminierung der Maisaussaat als Entscheidungskriterium dienen.

Zudem versprechen komplexere Lösungen wie die Nutzung von Modellen zur Bestimmung der Krankheitsbefallsrisiken oder die Früherkennung von Krankheiten in der Herde nebst der Arbeitsentlastung eine Unterstützung zu einer effizienteren und nachhaltigeren Produktion.

Hinweis

Die Texte und das Bildmaterial stammen aus dem Fachmedium «Digitale Technologien in der Landwirtschaft», das von der Edition-lmz AG 2021 herausgegeben wurde.

Autor: Florian Abt

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