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Sömmerung in der Agrarpolitik

Mit der Agrarpolitik schafft der Bund geeignete Rahmenbedingungen, damit die Landwirtschaft ihre multifunktionalen Aufgaben erfüllt. Im Berggebiet ist dafür die Sömmerung von zentraler Bedeutung. Eine Übersicht über die wichtigsten agrarpolitischen Änderungen, die für die Sömmerung relevant sind, wird hier bereitgestellt.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Mit der Agrarpolitik schafft der Bund geeignete Rahmenbedingungen, damit die Schweizer Bauernbetriebe ihre Aufgaben für die Gesellschaft, wie sie in der Verfassung (Art. 104 und Art. 104a) und dem Landwirtschaftsgesetz festgehalten sind, auch erfüllen können.

Die Landwirtschaft soll nachhaltig und auf den Markt ausgerichtet produzieren. Daneben muss die Landwirtschaft aber auch einen wesentlichen Beitrag leisten zur:

  • sicheren Versorgung der Bevölkerung;
  • Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen;
  • Pflege der Kulturlandschaft;
  • dezentralen Besiedelung des Landes;
  • Gewährleistung des Tierwohls.

Da die Landwirtschaft mehrere, unterschiedliche Ziele erfüllen muss, wird auch von der multifunktionalen Landwirtschaft gesprochen. Der Sömmerung kommt dabei eine zentrale Bedeutung für das Berggebiet zu.

Zur Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen werden Bewirtschafter/innen von Landwirtschafts- und Sömmerungsbetrieben Direktzahlungen ausgerichtet. Die Bedingungen dafür sind in der Direktzahlungsverordnung definiert.

Aktuelles aus der Agrarpolitik

Agrarpolitik 2030+

Auf Grundlage des Postulatsberichts zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik vom Juni 2022 wird die nächste Agrarpolitik derzeit aufgegleist. Die neue Agrarpolitik soll insbesondere vier Aspekte behandeln: Sicherstellung der Ernährungssicherheit, Reduktion des ökologischen Fussabdrucks, Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Perspektiven, Vereinfachung des Instrumentariums und Reduktion des administrativen Aufwands. Der Bundesrat wird die Vorschläge voraussichtlich 2026 behandeln.

Da im Sömmerungsgebiet die Möglichkeiten zur Wertschöpfungssteigerung relativ gering sind und die Direktzahlungen einen hohen Anteil am Einkommen der Betriebe ausmachen, wird die Ausgestaltung der AP 2030+ für die Weiterentwicklung des Sömmerungsgebiets von grosser Tragweite sein.

➔ Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) – Agrarpolitik 2030+

➔ SAV – AP30+: Forderungen aus Sicht der Sömmerung

Bericht zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik und AP22+

Das Parlament hat in der Wintersession 2020 bzw. der Frühlingssession 2021 beschlossen, die Beratung zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) zu sistieren. Gleichzeitig wurde der Bundesrat beauftragt, in Beantwortung der Postulate 20.3931 und 21.3015 bis spätestens 2022 einen Bericht zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik vorzulegen.

Der im Juni 2022 vorgelegte Bericht zeigt auf, wie die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft künftig einen grösseren Beitrag an die Ernährungssicherheit leisten kann. Miteinbezogen in die Überlegungen wird das gesamte Ernährungssystem von der Produktion bis zum Konsum.

In der Frühlingssession 2023 wurden die Beratungen zur Agrarpolitik wieder aufgenommen. Im Juni 2023 wurde die Revision des Landwirtschaftsgesetzes, das die Ausrichtung der Agrarpolitik AP22+ regelt, von den Räten verabschiedet. Wie im Bericht des Bundesrates vorgeschlagen, staffelt das Parlament die Umsetzung der Agrarpolitik in drei Etappen:

  1. Massnahmen zur Reduktion der Risiken durch Pestizide (parlamentarischen Initiative 19.475). Die Umsetzung läuft seit dem 1. Januar 2023.
  2. Revision des Landwirtschaftsgesetzes mit folgenden wichtigsten Änderungen: Beiträge des Bundes an Ernteversicherungen und einen besseren Sozialversicherungsschutz für regelmässig auf Bauernbetrieben mitarbeitende Personen sowie Massnahmen im Bereich der Förderung von Forschung und Innovation. Die Änderungen werden voraussichtlich am 1. Januar 2025 in Kraft treten.
  3. Weiterreichende Reform der Agrarpolitik mit Umsetzung ab 2030.

Verordnungspakete

Verordnungspaket 2024

Die neuen Bestimmungen dieses Verordnungspakts treten mehrheitlich am 1. Januar 2025 in Kraft. Nur wenige Änderungen betreffen direkt das Sömmerungsgebiet:

Direktzahlungsverordnung

  • Der Kanton passt den Normalbesatz eines Sömmerungs- oder Gemeinschaftsweidebetriebs an, wenn sich die Weidefläche oder der Ertrag der Weidefläche durch den Bau von Photovoltaik-Grossanlagen wesentlich verändert hat (Art. 41).
  • Der Einsatz von Kunststoffweidenetzen wurde leicht vereinfacht: Der Kanton kann im Rahmen eines einzelbetrieblichen Herdenschutzkonzepts eine Bewilligung erteilen, dass die Weidenetze nach dem Wechsel der Koppel stehen gelassen werden können und nicht unmittelbar entfernt werden müssen (Anhang 2 Ziff. 4.1.10).

Landwirtschaftliche Zonen-Verordnung

Im Rahmen von Gesamtmeliorationen (z.B. Gewässerrevitalisierungen), kann eine flexiblere Planung der Neuzuteilung von Landumlegungen ermöglicht werden, indem ein flächengleicher Abtausch zwischen Sömmerungsfläche und landwirtschaftlicher Nutzfläche möglich ist (Art. 3a).

Verordnung über die Beiträge zur Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen

Diese Verordnung wurde neu eingeführt. Die Prämien für Ernteversicherungen werden bis zu 30 Prozent verbilligt. Die Unterstützung ist auf acht Jahre limitiert. Im Sömmerungsgebiet könnte das Risiko von Trockenheit abgesichert werden, sofern Versicherungen diese Dienstleistung anbieten möchten.

Verordnungspaket 2023

Das Verordnungspaket wurde im November 2023 vom Bundesrat beschlossen. Die neuen Bestimmungen treten mehrheitlich am 1. Januar 2024 in Kraft. Die wichtigsten Änderungen in der Direktzahlungsverordnung für die Alp- und Sömmerungsbetriebe sind:

  • Es wird neu ein Zusatzbeitrag von CHF 250.-/Normalstoss zur Abgeltung des einzelbetrieblichen Aufwands im Herdenschutz auszbezahlt. Dieser Zusatzbeitrag soll für Tiere der Schaf- und Ziegengattung sowie Rindvieh bis 1-jährig ausgerichtet werden, wenn die betreffende Alp zumutbar schützbar ist, ein einzelbetriebliches Herdenschutzkonzept vom Kanton bewilligt und von den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern umgesetzt ist (Art. 47b).
  • Das Mulchen zur Weidepflege wird im gesamten Sömmerungsgebiet ermöglicht. Das Mulchen zur Entbuschung ist zusätzlich mit einer vorgängigen Bewilligung des Kantons erlaubt. Die Bewilligung enthält Auflagen, damit ökologische Schäden verhindert werden (Art. 29).

Verordnungspaket 2022

Das Verordnungspaket 2022 wurde Ende 2022 vom Bundesrat beschlossen. Wegen der zunehmenden Präsenz von Wölfen auf Alpen, wurden in der Direktzahlungsverordnung die Bestimmungen zur Sömmerung rückwirkend auf den 1. Januar 2022 angepasst. Die anderen Bestimmungen traten mehrheitlich auf den 1. Januar 2023 in Kraft.

Relevante Änderungen für die Alp- und Sömmerungsbetriebe:

Direktzahlungsverordnung

Anpassung Sömmerungsbestimmungen: Neben einer Erhöhung der Sömmerungsbeiträge für Schafe, welche in geschützten Weidesystemen gehalten werden, wird auch eine Lösung für die Auszahlung der vollen Sömmerungs- und Biodiversitätsbeiträge bei einer vorzeitigen Abalpung infolge Grossraubtierpräsenz vorgeschlagen.

Strukturverbesserungsverordnung

Im Zuge der Umsetzung des Postulats 20.4548 „Massnahmen zur Stärkung der Alp- und Berglandwirtschaft“ sollen planerische und bauliche Massnahmen zur Risikoreduktion auf Wander- und Mountainbikewegen in Gebieten mit Grossraubtierpräsenz als begleitende Massnahmen bei Projekten nach Artikel 13 SVV eingeführt werden.

Tierzuchtverordnung

In Umsetzung der „Strategie Tierzucht 2030“, der Motion 21.3229 „Erhaltung einheimischer Nutztierrassen“ und des Postulats 20.4548 „Massnahmen zur Stärkung der Alp- und Berglandwirtschaft“ soll eine Erhaltungsprämie für Schweizer Rassen mit dem Gefährdungsstatus „kritisch“ und „gefährdet“ eingeführt werden.

Verordnungspaket 2021

Im November 2021 hat der Bundesrat das landwirtschaftliche Verordnungspaket 2021 verabschiedet.

Relevante Änderungen für die Alp- und Sömmerungsbetriebe (Umsetzung ab 1. Januar 2024):

Direktzahlungsverordnung

  • Tiere der Schaf- und Ziegengattung werden anhand Daten der Tierverkehrsdatenbank (TVD) berechnet und geliefert. Die Selbstdeklaration fällt weg.
  • Der Normalbesatz für Schafalpen wird überprüft und gegebenenfalls neu festgelegt (Anpassung nach oben), da mit dem Bezug der Tierdaten aus der TVD eine Änderung der Tierkategorien in der landwirtschaftlichen Begriffsverordnung erfolgt.

Landwirtschaftliche Begriffsverordnung

Es werden neue GVE-Faktoren eingeführt:

  • Jungschafe/Jungziegen (180-365 Tage alt) 0.06 GVE;
  • Lämmer/Zicklein (bis 180 Tage) 0.03;
  • „mittleres Alpschaf“ als Berechnungsgrundlage für die Beiträge verschwindet

Revision von Jagdgesetz und Jagdverordnung

Das Jagdgesetz (JSG) bildet die Gesetzesgrundlage für den Schutz und die Nutzung von einheimischen und ziehenden wildlebenden Säugetieren und Vögeln in der Schweiz. Daraus wird die Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV) abgeleitet.

Die Wolfspopulation in der Schweiz hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Ebenfalls zugenommen haben die Übergriffe auf Nutztiere. Insbesondere die Alpwirtschaft wird durch die Wolfspräsenz stark herausgefordert. Am 27. September 2020 hat das Volk die Vorlage für ein neues Jagdgesetz abgelehnt, welche insbesondere eine einfachere Regulierung des Wolfes erlaubt hätte. Im Anschluss darauf musste der politische Prozess für die Neugestaltung der Jagdverordnung neu initiiert werden. Um die Konflikte zwischen dem Wolf und der Alpwirtschaft zu mindern, wurden schliesslich das JSG und die JSV umfassend revidiert und per 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt.

Wichtigste Inhalte und Neuerungen:

  • Schadstiftende Wölfe können nach wie vor reaktiv, d.h. nach Erreichen von als Schadschwellen definierten Risszahlen entnommen werden. Neu ist die Möglichkeit, Rudel präventiv zu regulieren, d.h. bevor Schäden an Nutztieren entstanden sind. Wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, können ganze Rudel entnommen werden. Die vordefinierte Mindestanzahl an Rudeln darf aber nicht unterschritten werden.
  • Dem Herdenschutz kommt nach wie vor eine wichtige Rolle zu. Die Herdenschutzmassnahmen können von Bund und Kantonen finanziell unterstützt werden. Die Kantone erhalten mehr Kompetenzen bei der Organisation der Herdenschutzmassnahmen.
  • Die zumutbaren Massnahmen zur Verhütung von Schäden sind neu definiert worden. Nutztierrisse werden nur noch entschädigt, wenn sich die Nutztiere in einer geschützten Situation befunden haben.

Medienmitteilung des Bundesrats „Bundesrat setzt das revidierte Jagdgesetz per 1. Februar 2025 in Kraft“

➔ SAV und Schweizer Bauernverband (SBV) – Merkblatt „Revidierte Jagdverordnung und Grossraubtiermanagement“

Weitere sömmerungsrelevante Neuigkeiten

Alpsaison ist immaterielles Erbe der UNESCO

Im Dezember 2023 wurde die Alpsaison in das immaterielle Kulturerbe der UNESCO eingetragen. Dieser Eintrag verdeutlicht den Stellenwert der Alpsaison für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Leben in der Schweiz.

Projekte zur Alpsaison als immaterielles Kulturerbe der UNESCO

Mehr Forschung für die Bergland- und Alpwirtschaft

Mitte 2021 hat Agroscope eine neue Versuchsstation Berg- und Alpwirtschaft eingeweiht. Die Versuchsstation soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Alp- und Berglandwirtschaft innovativ und zukunftsgerichtet ihre wichtigen Aufgaben für das Berggebiet erfüllen und auch unter sich verändernden Bedingungen erfolgreich bestehen kann. Die bewirtschafteten Flächen und die Zahlen der Tiere auf Alpen sollen nicht weiter abnehmen.

Im Juni 2022 hat das Parlament eine parlamentarische Motion gutgeheissen, die mehr Forschungsgelder zugunsten der Bergland- und Alpwirtschaft verlangt. Ein Teil der Gelder soll auch der neuen Versuchsstation Berg- und Alpwirtschaft zugutekommen.

Impressum

Titelbild: PxHere

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Kontakt:

Esther Haesen, AGRIDEA

Selina Droz, SAV

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