Digitalisierung und Verkauf von lokalen Produkten
Einführung
Schweizer Produzenten erleben in den letzten Jahren einen Wandel in der Art und Weise, wie sie ihre Produkte verkaufen. Das hängt davon ab, dass die Landwirte heutzutage von der Gesellschaft nicht ausschliesslich als Produzenten für den Grosshandel gesehen werden, sondern auch als Bewahrer und Pfleger der Landschaft ihrer Region und als Verantwortliche für eine nachhaltige und ökologische Produktion. Ebenso ändern Konsumenten ihre Einkaufsgewohnheiten, die Zeit die sie fürs Einkaufen einsetzen möchten und die Flexibilität die sie dazu benötigen.
Es gibt aber eine Lösung, die scheint den Bedürfnissen sowohl von Produzenten als auch von Kunden gerecht zu werden: die Digitalisierung, die mit dem offensichtlichsten Beispiel des Online-Shopping mittlerweile zum Alltag gehört. Der Online-Verkauf von Schweizer Lebensmitteln erlebte in den letzten Jahren ein deutliches Wachstum. Durch die Einschränkung der Mobilität während der Corona-Epidemie wurde diese Tendenz noch verstärkt. Um ein paar Zahlen zu nennen: Der Online-Verkauf von Lebensmitteln und Getränken hat in der Schweiz einen Wert von rund 1.5 Milliarden CHF erreicht (siehe Abbildung 1), was 3.5 % des Gesamtumsatzes von Lebensmitteln und Getränken entspricht (Handelsverband, 2021). Einen grossen Beitrag zu diesem Umsatz leisteten, Coop, Migros und Farmy, die im 2020 eine Summe von 500 Millionen CHF erreichten, aber auch die Online-Direktvermarktung steckt mitten in diesem Trend drin.
Andere Beispiele für bereits vorhandene, aber vielleicht weniger offensichtliche digitale Hilfsmittel im Bereich Verkauf, sind Verkaufsautomaten und Roboter. Diese Maschinen erleichtern der Verkauf von landwirtschaftlichen Produkte und können auf dem Hof oder direkt in Städten installiert werden. So können Hofläden rund um die Uhr offen bleiben, benötigen dazu kein Personal und verursachen tiefere Kosten.
Einige Technologien werden direkt in der Produktion eingesetzt, wirken sich aber indirekt auch auf den Verkauf aus, durch tiefere Produktionskosten oder verbesserte Kommunikation mit dem Kunden. In diesem Artikel werden wir nicht zu sehr auf diese Technologien eingehen, es reicht aus zu erwähnen, dass eine Studie berechnete, dass im 2020 etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe die digitalen Technologien auf dem Hof eingesetzt haben, vor allem mit dem Einsatz von Smartphones (Zesiger, 2021).
All diese Neuerungen im Bereich des Absatzes landwirtschaftlicher Produkte ergeben sich sowohl aus dem Bedürfnis, den Konsumenten zu begegnen, die, wie Anfangs erwähnt, immer weniger Zeit haben, als auch und vor allem aus dem Bedürfnis des Landwirts, zu diversifizieren. Die Landwirte wollen ihre Produkte nicht mehr nur über die traditionellen Handelsketten, sondern auch direkt verkaufen, um die Wertschöpfungsketten zu verkürzen. Im 2020 haben mehr als 60% der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz hauptsächlich durch die Direktvermarktung diversifiziert. In den letzten 10 Jahren hat sich die Anzahl Betriebe mit Direktvermarktung mehr als verdoppelt (Zesiger, 2021).
In diesem Merkblatt wollen wir aufzeigen, was es im Bereich der Digitalisierung im Vertrieb von landwirtschaftlichen Produkten für Innovationen gegeben hat, um interessierten Produzenten und Beratern einen nützlichen Überblick zu geben. Wir wollen erklären, was die Vor- und Nachteile des digitalen Verkaufs und Einkaufs für die Hersteller und Konsumenten sind und uns ansehen, wer die wichtigsten Kunden des Online-Verkaufs sind. Darüber hinaus haben wir eine Liste von Unternehmen erstellt, die die Digitalisierung als Innovation zur Diversifizierung nutzen, wobei die Unternehmen nach dem Grad der Digitalisierung unterteilt wurden. Dank Interviews mit einigen Herstellern werden wir auch Einblicke in die Welt des Online-Verkaufs aus Sicht der Produzenten aufzeigen. Aus den Erfahrungen derjenigen, die bereits in diesem Bereich tätig sind, wird es Einblicke geben, worauf es dabei zu achten gilt.
Vorteile und Nachteile für Kunden und Produzenten
Es liegt auf der Hand, dass die Digitalisierung, um so erfolgreich zu sein, vom Produzenten bis zum Konsumenten viele Vorteile für alle Akteure in der Lieferkette haben muss. Aber bevor wir diese Vor- oder Nachteile auflisten, müssen wir verstehen, wer die Akteure dieser Wertschöpfungskette sind. Da es sich um Direktvertrieb handelt, haben wir auf der einen Seite den Produzenten und auf der anderen Seite den Konsumenten. Was die Produzenten betrifft, ist klar, von wem wir sprechen, aber bei den Konsumenten ist es immer schwierig zu verstehen, wer diese wirklich sind, insbesondere beim Online-Verkauf oder wenn der Kunde das Produkt kauft, ohne dass der Verkäufer anwesend ist. Aus diesem Grund halten wir es für absolut wichtig zu verstehen, wer die Kunden sind, die die Digitalisierung nutzen, und was ihre Gründe für ihre Wahl sind.
Kundenprofil
Um diese Analyse durchzuführen, verlassen wir uns auf eine Studie von 2020 (Schu, 2020), die unterschiedlichen Gruppen auf die Finger geschaut und die Gründe zusammengefasst hat, die sie dazu bewegen, Lebensmittel online zu kaufen. Diese Studie trennt die Kunden in 6 unterschiedliche Gruppen:
- Die DINKS: Doppelverdiener, jobgestresst, keine Kinder und wenig Zeit
Sie haben sehr wenig Zeit zum Einkaufen und bevorzugen deshalb Convenience und Einfachheit und möchten die vollen Supermärkte und die Kassenschlangen vermeiden. Der Preis hingegen ist für sie keine Hürde. Aus diesem Grund kaufen sie gerne über Apps, vor allem bei denen die viele, präzise Lieferzeiten haben. Genuss wird im Kauf auch sehr gerne berücksichtigt. - Familien
Sie kaufen grössere Menge und verteilen damit die Lieferkosten. Convenience ist auch wichtig, aber noch wichtiger ist, dass sie die grossen Mengen nicht selber nach Hause transportieren müssen, gerade bei sperrigen Artikeln. Weniger wichtig sind die Zeitersparnis sowie die Lieferungszeit. - Senioren
Ähnlich wie die Familien, sehen sie im Online-Shopping die Bequemlichkeit die Produkte vor der Haustüre zu bekommen. Für sie ist es wichtig, dass die Mindestbestellmengen klein sind und der Einkaufsprozess einfach und klar ist. - Gourmets
Sie suchen Spezialitäten und Delikatessen die ihre spezifischen Vorlieben befriedigen und keine klassische Wocheneinkäufe. Lange Vorlaufzeiten und höhere Preise sind für sie nicht so relevant, sie sind daher eine interessante Gruppe für Verkäufer. Diese Gruppe kauft aber nicht regelmässig ein und hat eher kleinere Warenkörbe. - Kitas und Krippen
Sie kaufen für das Frühstück und das Mittagessen ein und haben regelmässige Bestellvolumen, aber sie möchten die Lieferung quasi frisch und frei Haus. Die Warenkörbe sind natürlich eher gross. - KMUs
Diese kleinen und mittleren Unternehmen kaufen online ein um ihren Bürobedarf zu decken, wie zum Beispiel Obstkörbe, Kaffee und Milch für die Pause, aber sind zu klein um in den B2B Kanal zu gehen. Sie haben aber trotzdem regelmässige und ziemliche grosse Bestellungen und sind deshalb interessant.
Vorteile der Digitalisierung
Bevor wir mit den Vorteilen für Hersteller und Kunden beginnen, wollen wir zwei Beispiele bringen, bei denen die Digitalisierung umgesetzt wurde und ihren klaren Nutzen gezeigt hat.
Zwei handfeste Beispiele der Vorteile der Digitalisierung
Beispiel 1. Adelboden. Auf dem Weg zum Dorf und im Dorf selber kaufen die Kunden meistens beim Coop Pronto oder an Tankstellen kleine Köstlichkeiten ein. Lokale Qualitätsprodukte wie Gipfeli und Sandwiches werden stattdessen traditionell auf lokalen Märkten verkauft, die jedoch begrenzte Öffnungszeiten und hohe Personalkosten haben, was den Verkauf stark einschränkt. Um die Wertschöpfung des einheimischen Gewerbes, Hotellerie, Gastronomie, Erlebnisanbieter halten und ausbauen zu können wurde das Projekt „Die digitale Dorfstrasse Adelboden“ gestartet. Mit diesem Projekt werden lokale Produkte und Spezialitäten unter Verwendung moderner Technologien, wie die Nutzung von Webseiten zur Buchung des Produkts und 24-Stunden-Abholboxen, verkauft, was zur Steigerung der lokaler Wertschöpfung führt.
Beispiel 2. Guttet-Feschel. Der Walliser Dorfladen muss wegen roten Zahlen schliessen, weil die laufenden Kosten sehr hoch sind. Gleichzeitig ist es sehr wichtig, einen Laden zu haben, da das Dorf sehr abgelegen ist. Dafür haben sie im Dorf eine Genossenschaft gegründet; Mitglieder erhalten eine Karte, die den Zugang zum Shop ermöglicht, im Shop müssen sie die Produkte selbst scannen und per Karte oder Twint bezahlen. Auf diese Weise ist der Laden 24 Stunden am Tag zugänglich und der Personalaufwand minimal.
In diesen beiden Beispielen war eine hybride Digitalisierung, (einige Prozesse werden digitalisiert, während andere traditionell sind) die erfolgreiche Wahl. Selbstverständlich muss je nach den Bedürfnissen jedes einzelnen Unternehmens, ein unterschiedlicher Digitalisierungsgrad gewählt werden.
Für Kunden
Damit ein Projekt funktioniert, braucht es Kunden, die in diesem Projekt einen Nutzen für sich sehen. Zusammengefasst können wir die Vorteile für den Kunden wie folgt einordnen:
- Zeitersparnis und Convenience
- Kein Stress in überfüllten Läden
- Grössere Warenkörbe ohne die Problematik die Ware nach Hause transportieren zu müssen
- Spezialitäten, Raritäten und Delikatessen
- Tägliche Lieferung von frischen Produkten
- Regelmässige, wiederkehrende Bestellungen
Letztlich scheint der Zeitfaktor für den Konsumenten der Hauptgrund für Online-Ausgaben zu sein. Das liegt an vielen Faktoren, einer davon ist sicherlich, dass die Kunden viel mehr zu Pendlern geworden sind. Das beweist eine Studie die rechnet, dass in etwa 20 Jahren der Anteil der Pendler in der Schweiz von 59 % im Jahr 1990 auf 71 % im Jahr 2019 gestiegen ist (Statistik, 2020). Dieser Umstand schränkt teilweise die Zeit ein, die man zum Einkaufen hat, und ein Teil dieser Pendler kann Läden mit eingeschränkten Öffnungszeiten nicht besuchen. Die online Einkäufe hingegen können in der freien Zeit einfach übers Smartphone bestellt werden und die Bestellung kann 24/7 (jederzeit) gemacht werden.
Die oben genannten Gründe bezogen sich im Wesentlichen auf Kunden, die online kauften. Bei den Kunden die die Digitalisierung nur für einen Teil des Einkaufs benutzen, sieht es aber nicht viel anders aus. Diese Kunden benutzten die Technologie zum Beispiel um Produkte online zu suchen, möchten die Produkte aber trotzdem offline, sprich physisch, kaufen oder sie kaufen die Produkte vor Ort und bezahlen dann über das Smartphone. Wie die ganz digitalen Kunden, sind viele dieser teil-digitalen Kunden Pendler und können daher nicht innerhalb der traditionellen Öffnungszeiten einkaufen. Für diese Kunden ist zum Beispiel das System der Automaten, die rund um die Uhr offen sind, sehr interessant. Noch besser ist für sie, wenn die Automaten nicht unbedingt direkt im Hofladen, sondern in gut erreichbaren Orten stehen. So müssen sie nicht mit dem Auto anreisen, das bedeutet Zeitersparnis und Umweltfreundlichkeit (Hensel-Lieberth, Wehking, Bilberger, & Eberl, 2018).
Schliesslich ist die schnellere Suche nach einem bestimmten Produkt eindeutig ein weiterer Vorteil der Digitalisierung. Die Kunden finden schneller ob es Produzenten in der Nähe gibt und was sie produzieren. Dafür gibt es Webseiten die mit Karten aufzeigen wo Produzenten ihren Standort haben und was sie verkaufen. Gastronomen beispielsweise, die regionale Produkte suchen, freuen sich auf solche Tools.
Für Landwirte und Hersteller
Was den Nutzen für den Landwirt und Hersteller angeht, gibt es deutlich weniger Studien, aber so wie bei den Konsumenten sind die Gründe auch sehr unterschiedlich und von der Unternehmensgrösse abhängig.
Für viele Kleinproduzenten ist der Einsatz der Digitalisierung interessant, weil sie in den Markt eintreten können, ohne grosse Mengen und Regelmässigkeit in der Produktion garantieren zu müssen. Die Preisbestimmung ist auch ein deutlicher Vorteil. Die meisten Produzenten sehen den direkten Verkauf über Online Plattformen als interessant, da sie die Preise selbst bestimmen können und vom Handel unabhängig sind (Hensel-Lieberth, Wehking, Bilberger, & Eberl, 2018).
Leider ist Diebstahl ein grosses Problem für Landwirte und Hersteller, die Produkte in Selbstbedienungsläden verkaufen. Diese Diebstähle können sowohl das Produkt als auch das Geld oder die Kasse selbst betreffen. Durch den Online-Verkauf oder über Automaten wird das Problem des Produktdiebstahls gelöst, während mit dem digitalen Bezahlen das Problem des Gelddiebstahls beseitigt wird.
Nicht zuletzt haben einige Hersteller beim Online-Verkauf einen Vorteil, weil sie ihre Produkte und Spezialitäten bekannter machen können und den an ihren Produkten interessierten Konsumenten besser erreichen. Aus diesem Grund ist es auch möglich, Produkte zu verkaufen, die vielleicht die Anforderungen, wie Produktnormen grosser Händler nicht erfüllen würden.
Die Kehrseite der Medaille
Der Online-Verkauf von Lebensmitteln ist relativ neu und macht noch einen geringen Anteil am Gesamtumsatz aus. Viele Konsumenten ziehen es nämlich aus verschiedenen Gründen vor, Produkte persönlich zu kaufen oder zu verkaufen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass online kein menschlicher Kontakt möglich ist und viele Konsumenten sich über die Geschichte des Produkts informieren möchten. Ausserdem ist für viele Verkäufer der Kontakt mit dem Konsumenten sehr wichtig, um ein direkteres und genaueres Feedback zu erhalten.
Laut Odermatt (2015) möchten die die Kunden ein Einkaufserlebnis „mit allen Sinnen“. „Die Haptik oder auch der Geruch eines frisch gebackenen Brotes spielen eine wichtige Rolle“; der Autor meint, dass viele Konsumenten das Produkt anfassen und das Produkt selber auswählen möchten, weil sie denken, dass sie sonst zweitklassige Ware bekommen.
Eine weitere Herausforderung im Zusammenhang mit dem Online-Verkauf besteht darin, dass nicht alle Hersteller technologisch fortschrittlich sind (Kenntnisse im Umgang mit Computern und Internet) und je nach Grad der Digitalisierung, müssen Bäuerin und Landwirt technologisch versiert sein.
Schliesslich haben viele Anbieter Respekt in den Onlineverkauf von Lebensmittel zu gehen, weil die Anforderungen an die Logistik (vor allem bei Kühl- und Tiefkühlprodukten), das Waren- und Bestellungshandling und die Lieferung immer noch grosse Hürden sind.
Was gleich bleiben muss, ob digital oder nicht, ist die Sicherheit und Identifikation des Produkts. Wer seine Produkte direkt verkaufen möchte, muss unabhängig vom Digitalisierungsgrad, unbedingt ein Selbstkontrolle-Konzept zur Einhaltung der rechtlichen Anforderungen an Lebensmittel haben. Für Interessierte bietet AGRIDEA zahlreiche Dokumente zur Durchführung der Selbstkontrolle an. Bei Fragen schreiben Sie an AGRIDEA oder besuchen Sie die AGRIDEA-Website.
Digitalisierungsstufen
In diesem Kapitel wollen wir einen Überblick geben über verschiedene Digitalisierungsdiensten für den Direktvertrieb, die es in der Deutschschweiz gibt. Basierend auf dem Grad der Digitalisierung, haben wir versucht 3 Gruppen zu bilden.
Einen Anbieter nach dem Digitalisierungsgrad einzuordnen ist aber nicht einfach, denn es kommt darauf an, ob man die ganze Kette oder nur einen einzelnen Prozess betrachtet. Ein Produzent könnte seine Produkte zum Beispiel auf traditionelle Weise physisch an Kunden verkaufen, aber es wird in Kryptowährungen bezahlt; ein anderer Unternehmer hingegen bietet eine Online-Plattform an, auf der er die Produkte verschiedener Landwirte verkauft und in Echtzeit die Restmengen im Automaten sieht, aber die Bezahlung erfolgt nur mit einer Kreditkarte und Kryptowährungen ist nicht akzeptiert. Welche dieser Firmen ist jetzt digitaler?
Wir haben die Methode ausgewählt, welche die Gruppen bildet, basierend darauf wie viele Prozesse in der Lieferkette digitalisiert sind. Wenn beispielsweise nur ein Prozess, wie die Zahlung digital ist, handelt es sich um eine einfache Digitalisierung; wenn mehrere aber nicht alle Prozess digital sind, zum Beispiel die Zahlung und die „Lieferung“ via ein Automat, entspricht das einem mittleren Digitalisierungsgrad; wenn alle Prozesse von der Bestellung, der Lieferung und der Zahlung digital sind, ist der Digitalisierungsgrad hoch.
Geringe Digitalisierung: Nur gewisse Prozesse sind digital
- Lediglich die Zahlung erfolgt digital. Eine Deloitte-Studie hat in der Schweiz eine Umfrage durchgeführt, in der Konsumenten gefragt wurden, mit welchen digitalen Zahlungsmitteln sie bereits bezahlt haben und mit welchen sie in Zukunft bezahlen möchten. Das Ergebnis der Befragung zeigte, dass Self-Checkout-Kassen, Mobile Payment (zum Beispiel Twint, Apple Pay und PayPal App) deutlich zunehmen werden und sogar 11% in Zukunft mit Kryptowährungen wie Bitcoin bezahlen möchten (Zobrist & Grampp). In Hofläden kann man heutzutage fast überall mit Twint bezahlen.
- Die Suche erfolgt online. Ein klassisches Beispiel sind Organisationen, die für ihre Mitglieder eine Plattform einrichten, auf der Kunden den Link und eine Beschreibung des Herstellers über Karten oder eine Suche nach dem Produkt oder dem Namen finden.
Mittlere Digitalisierung: Die meisten Prozesse sind digital
Ein klassisches Beispiel für einen mittleren Digitalisierungsgrad ist in der nachstehenden Abbildung 4 zu sehen. Bei einem Automaten übernimmt die Maschine die Rolle des Verkäufers und Verteilers, und man bezahlt mit einer Karte oder einem Mobiltelefon. Aber die Maschine kann keine Buchungen entgegennehmen und keine Waren versenden, so dass ein Kunde nicht in den Genuss aller möglichen digitalen Prozesse kommt.
Hohe Digitalisierung: praktisch alle Prozesse sind digital
Hier ist die gesamte Wertschöpfung digital: Die Lebensmittel werden von Zuhause bestellt, online bezahlt und nachhause geliefert und deshalb ist der Online-Verkauf über Online-Plattformen das klassische Beispiel. Es gibt viele dieser digitalen Online-Plattformen in der Schweiz und die Liste ändert sich fast monatlich, einige ändern ihren Namen, einige schliessen und andere eröffnen.
Aus diesem Grund ist es nicht sinnvoll, eine Liste aller bestehenden digitalen Plattformen zu erstellen. Wir werden vielmehr Beispiele anführen und versuchen, die bekannteste Websites nach den von ihnen angebotenen Dienstleistungen oder den von ihnen verkauften Produkten zu gruppieren.
Erfahrungen und Einblicke der Produzenten
Fabio Müller verkauft seine Edelschweine aus Schweizer Freilandhaltung über meinschwein.ch. Der Online-Verkauf seiner Produkte läuft seit gut 10 Jahren. Ein Ratschlag, den er denen geben möchte, die ihre Produkte online verkaufen möchten ist, alle Kosten sorgfältig und ernsthaft abzuwägen. Vor allem der Aufwand für die eigene Arbeitszeit ist oft grösser als erwartet und muss richtig in den Produktpreis einberechnet werden. Durch die Nutzung alternativer Vertriebskanäle sinkt die Effizienz und selbst wenn einige Zwischenhändler übersprungen werden, kann ein höherer Verkaufspreis trotzdem mit einem tieferen Gewinn einhergehen. Sofern möglich empfiehlt er die unterschiedlichen Aufgaben wie Administration, Bestellung, Verpacken usw. zu bündeln.
Der Familienbetrieb von Valérie und Roman Clavadetscher verkauft Geflügel in Bio Suisse Qualität. Online-Plattformen sind für dieses Paar eine weitere Möglichkeit, Konsumenten in der ganzen Schweiz zu erreichen. Beim Verkauf von Tiefkühlprodukten war es am Anfang schwierig, die Kühllogistik zu organisieren, aber mit dem richtigen Partner hat man die beste Lösung gefunden. Ihr Rat ist, eine Plattform zu wählen, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht. In ihrem Fall haben sie sich für eine Plattform entschieden, mit der sie die Ware nur einmal pro Woche und immer am selben Tag versenden können. Die Plattform nimmt die Reservierungen entgegen und leitet sie an die Familie Clavadetscher weiter, die dann für die Vorbereitung und den Versand des Produkts verantwortlich ist.
Der Bio-Bauernhof der Familie Adam verkauft einen Teil seiner Produkte, wie Kürbisse und Süsskartoffeln, auf Gebana. Im Allgemeinen sehen sie den Online-Verkauf von Produkten als eine gute Sache. Zunächst suchten sie nach anderen Vermarktungsmöglichkeiten (nicht online), aber sie entschieden sich für Gebana, weil die Bedingungen, die sie vorfanden, für sie günstig waren. Mit Gebana müssen sie sich nicht um den Kauf von Verpackungen und Etiketten kümmern, der Verwaltungsaufwand ist sehr gering und der Preis ist gut. Die Familie Adam erhält die Aufträge gebündelt; durch die gebündelte Bestellung wird die Arbeitsbelastung auf eine kurze Zeit konzentriert. Das ist ein Vorteil für sie, weil sie effizienter arbeiten können. Eine Voraussetzung ist aber, dass genügend Zeit und Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Ein Ratschlag den sie geben können, um die Kosten gut decken zu können, ist ein ausreichend grossen Mindestbestellwert zu haben.
Simone Hunziker ist Bäuerin und Mitarbeiterin bei AGRIDEA in der Gruppe Betrieb, Familie und Diversifizierung. Ein Rat, den Sie sowohl als Beraterin als auch als Bäuerin geben kann ist, gut zu kalkulieren, zum Beispiel mit einem geeigneten Excel-Werkzeug, bevor man den Weg des Direktvertriebs, vielleicht über den Online-Verkauf, eingeht. Man muss die benötigte Zeit berechnen, indem alle Arbeiten berücksichtigt werden und erst dann sehen, ob es sich wirklich lohnt. Der Digitalisierung steht sie positiv gegenüber, weil sie ihr geholfen hat, den Umsatz zu steigern: Die Leute kamen oft nicht zu ihr auf den Hof, weil sie vielleicht nicht das richtige Kleingeld hatten, heute können sie zum Beispiel mit Twint problemlos den richtigen Preis bezahlen. Ein weiterer Punkt, der für die Digitalisierung spricht, ist, dass der Gelddiebstahl nicht mehr möglich ist und man daher den Laden problemlos viel länger geöffnet halten kann.
Schlusswort
Bei der Digitalisierung gibt es so viele Aspekte zu berücksichtigen, und sowohl die Hersteller als auch die Konsumentinnen müssen sich der Bedeutung der Digitalisierung bewusst sein. Wie in dieser Broschüre zu lesen ist, hat die Digitalisierung sowohl positive als auch negative Aspekte. Betrachtet man die Marktsituation, so überwiegen eindeutig die positiven Aspekte. Zu glauben, dass die Digitalisierung und insbesondere der Online-Handel den Offline-Markt vollständig ersetzen werden, ist hingegen ein Irrglaube. Derzeit wird nicht davon ausgegangen, dass der Online-Kauf von Produkten den stationären Handel verdrängen, sondern eher ergänzen wird. Das denken auch die etablierten Schweizer Grossverteiler die weiterhin die Läden ausbauen und zusätzliche Ladenflächen kaufen. Das heisst, dass die Digitalisierung als Hilfe beim Verkauf von Produkten und als Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten gesehen werden muss und nicht als Gefahr, welche den Konsumenten immer mehr von Produzenten entfernt.
Darüber hinaus muss die Digitalisierung, sowohl grossen Unternehmen als auch kleinen Produzenten dienen, auch wenn Produzenten oft zu der Annahme neigen, dass die Digitalisierung nur grosse Unternehmen begünstigen wird. Es wird oft befürchtet, dass nur grosse Unternehmen in der Lage sind, die Logistik beispielsweise im Zusammenhang mit dem Online-Verkauf zu verwalten, und in der Lage sind, einen Angestellten zu bezahlen, der sich um den digitalen Teil kümmert. Tatsächlich, gewisse Anfangsinvestitionen sind oft sehr hoch und die Landwirte oder Kleinverkäufer können diese Kosten alleine nicht übernehmen. Aber auch in solchen Fällen gibt es Beispiele, wo die Landwirte durch die Digitalisierung profitieren können, wie zum Beispiel mit Dorfläden die wegen zu geringem Umsatz schliessen müssen, aber dank den Möglichkeiten der Digitalisierung am Leben erhalten werden können.
Die Möglichkeiten, die Vorteile der Digitalisierung für den Verkauf lokaler Produkte zu nutzen, sind vielfältig, es ist jedem Produzenten selbst überlassen, zu entscheiden, welches System für ihn am besten geeignet ist. In jedem Fall ist es ratsam, die verschiedenen Möglichkeiten unter Berücksichtigung sowohl des Gewinns als auch des Arbeitsaufwands zu vergleichen und die verschiedenen Varianten gut zu bewerten.
Sicher ist, dass die Digitalisierung, ob es uns gefällt oder nicht, zum Alltag gehört und jeder Hersteller oder Verkäufer sich überlegen muss, ob er auf dieser Welle des Fortschritts mitschwimmen oder dagegen steuern will.
Quellen
Handelsverband. (10. März 2021). Von https://handelsverband.swiss/wp-content/uploads/2021/03/Onlinehandelsmarkt-Schweiz-2020_Version-Medien.pdf abgerufen
Hensel-Lieberth, A., Wehking, A., Bilberger, S., & Eberl, C. (2018). Automaten und Vertrauenskassen. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft.
Hoflaedeli24. (28. April 2022). Von https://hoflaedeli24.ch/hoflaedeli24-ch/ abgerufen
Odermatt, M. (27. 02 2015). Tagblatt. Von https://www.tagblatt.ch/leben/warum-wir-unsere-lebensmittel-nicht-im-internet-bestellen-ld.1676731 abgerufen
Schu, M. (17. Februar 2020). Käufertypen: Wer kauft Lebensmittel im Internet.
Statistik, B. f. (Hrsg.). (2020). Von Bundesamt für Statistik: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/personenverkehr/pendlermobilitaet.html abgerufen
Zesiger, A. (23. November 2021). Digitalisierung macht auch vor der Landwirtschaft nicht Halt. Bundesamt für Statistik.
Zobrist, L., & Grampp, M. (kein Datum). Deloitte. Von https://www2.deloitte.com/ch/de/pages/consumer-industrial-products/articles/digital-consumers-swiss-retail.html abgerufen