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Arbeitshunde in der Landwirtschaft

Hunde haben die Fähigkeit, sich dem Menschen und seinem Umfeld durch ihre hohe Lernfähigkeit und Sozialkompetenz perfekt anzupassen. Über Jahrhunderte haben sich im Bereich der Tierhaltung in verschiedenen Ländern unzählige Herdengebrauchshunderassen entwickelt. Dieser Beitrag erklärt in welche Arbeitstypen Herdengebrauchshunde eingeteilt werden können und wie sich deren Fähigkeiten unterscheiden.

Inhaltsverzeichnis

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Einführung

In der Schweiz werden sowohl traditionelle wie auch neue Rassen als Hüte- und Herdenschutzhunde eingesetzt. Um diese optimal bei verschiedenen Nutztieren einzusetzen braucht es sowohl eine sorgfältige Auswahl der Hunderassen wie auch eine fundierte Ausbildung von Hund und Mensch. Hunde, die für Arbeiten an Nutztieren eingesetzt werden, nennt man Herdengebrauchshunde. Die Aufgaben eines Herdengebrauchshundes unterscheiden sich je nach Einsatzort und Nutztierart.

Herdengebrauchshunde

Eines haben alle Herdengebrauchshunde gemeinsam: Sie können sich auf verschiedene Nutztierarten einstellen, ersetzen zusätzliche Arbeitskräfte und ermöglichen so ein effizientes und professionelles Arbeiten in der Nutztierhaltung. Herdengebrauchshunde können in vier Arbeitstypen eingeteilt werden:

Die drei Gruppen Koppelgebrauchs-, Schäfer- und Treibhunde umfassen diejenigen Hunde, bei denen der Hund in Teamarbeit mit dem / der Landwirt/in zusammenarbeitet. Diese Hunde werden im Alltagsgebrauch Hütehunde genannt. Bei ihnen wird grosser Wert auf die Führigkeit gelegt, d.h. sie befolgen Befehle des/der Hundeführers/in zuverlässig. Herdenschutzhunde arbeiten ohne direkte Führung des Menschen und reagieren nur minimal auf Befehle. Sie arbeiten oft im Hundeteam.

Koppelgebrauchshunde

Einsatzzweck

Diese Hunde helfen dem/der Tierhalter/in, das Vieh auf der Weide zu sammeln, um dieses auf die nächste Weide zu treiben. Des Weiteren sind sie wichtige Helfer in der alltäglichen Arbeit auf dem Betrieb wie zum Beispiel bei der Klauenpflege oder der Schafschur.
Die meist kurzen Arbeitseinsätze mit präzisen Anweisungen durch den/die Tierhalter/in erfordern eine hohe Flexibilität und Führigkeit der Hunde. Koppelgebrauchshunde haben die Fähigkeit, Nutztiere auch auf weite Distanzen zu erblicken, diese weiträumig zu umgehen und dann selbstständig oder unter gezielter Anleitung des Hundeführenden zu führen.
Koppelgebrauchshunde arbeiten in der Regel lautlos und können sowohl Einzeltiere als auch Herden von mehreren hundert Tieren bewegen. Typischerweise zeigen diese Hunde bei der Arbeit eine angespannte Körperhaltung mit sogenanntem „Auge“. Die Kombination von Anspannung und Fixation (analog Jagdverhalten Wolf) verunsichert die Nutztiere instinktiv und setzt diese in Bewegung.

Ausbildung

Der Einsatz von Koppelgebrauchshunden ist vielseitig. Je flexibler und breiter der Hund auf dem Betrieb eingesetzt werden soll, desto zeitintensiver ist auch die Ausbildung. Vielen Koppelgebrauchshunden fällt es aufgrund ihrer genetischen Veranlagung leicht, Nutztiere einzuholen und zum/zur Tierhalter/in zu bringen. Diese Eigenschaft wird in der Weidehaltung von Nutztieren sehr geschätzt und erleichtert den Weidewechsel bereits in einem frühen Ausbildungsstadium.

Fähigkeiten eines ausgebildeten Koppelgebrauchshundes

Anhand von Videoaufnahmen, Skizzen und der Einschätzung zweier Übungsleiter der Swiss Sheep Dog Society (SSDS), wird im folgenden Video erklärt, was ein einsatzfähiger Koppelgebrauchshund können sollte.

Detaillierte Informationen zu den im Video gezeigten Übungen gibt es im Arbeitsprüfungsreglement für Herdengebrauchshunde der SSDS (➔ Eignungsprüfung).

Schäferhunde

Einsatzzweck

Diese Hunde sind unentbehrlich beim Beweiden von Kulturland und Naturschutzflächen ohne Weidezäune. Schäferhunde setzen mit ihrer Anwesenheit und ihren gezielten Bewegungen oder Positionen Grenzen für die Schafherde. Eine Fähigkeit von Schäferhunden ist das Furche-Laufen. Dabei traben sie entlang einer Weidegrenze auf und ab, sodass die Schafherde auf der gewünschten Weide frisst. Wenn der Hirte weiterziehen möchte, dann ruft er eines der Leitschafe der Herde an und zieht weiter, während die Hunde weiter Weidegrenzen oder Übergänge sichern. Aufgrund der Herdengrössen sollen die Hütehunde druckvoll durch das «Linienhüten» bestimmt und präzise arbeiten. Schäferhunde werden in der Regel an grösseren, homogenen Schafherden eingesetzt. Traditionellerweise zeigen Hütehunde auch den sogenannten „Wehr“. Sie können ihre Herde gegenüber fremden Tieren und Menschen auf Anweisung des Schäfers/der Schäferin verteidigen.

Ausbildung

Die Ausbildung junger Hunde erfolgt oft im Beisein älterer, ausgebildeter Hütehunde während der Zeit der Beweidung. Die traditionelle Ausbildung erfolgt also durch die Hirt/innen, die während ihrer Arbeit junge Hunde mitlaufen lassen. Das Furche-Laufen sowie der Grundgehorsam werden teilweise auch ohne Beisein von Schafen geübt. Bei jungen, temperamentvollen Schäferhunden werden erste Arbeitseinsätze bevorzugt an grossen Herden vorgenommen. Ein typischer Schäferhund kann Arbeiten eines Koppelgebrauchshundes in der Regel nur eingeschränkt ausführen.

Treibhunde

Einsatzzweck

Diese Hunde werden für das Treiben einer grösseren Anzahl Vieh eingesetzt. Treibhunde sind dabei massgeblich verantwortlich für die Bewegung der Rinder. Oft ist es so, dass die Rinder den Weg bereits kennen oder dieser vorgezäunt ist. Auf Rindviehbetrieben mit sich regelmässig wiederholenden Arbeitsprozessen und Umtreibearbeiten erkennen Treibhunde ihre Aufgaben sehr schnell und können diese teilweise autonom ausführen. Die Art und Weise des Treibens kann sich nach Einsatzzweck unterscheiden. Viele Treibhunde nutzen die eigene Bewegung, Gebell und gezielte Bisse (Griff/Zwicker) als Hilfsmittel zum Vorwärtstreiben der Nutztiere. Beim Biss wird das Nutztier nicht verletzt, sondern lediglich zum Vorwärtslaufen angetrieben.

Ausbildung

Die meisten Treibhunde, hauptsächlich auf Rindviehbetrieben, entwickeln ihre Fähigkeiten zum Treiben von Vieh bei der täglichen Routinearbeit.
Je nach Rasse können Treibhunde ähnlich wie Koppelgebrauchshunde ausgebildet werden, mit dem Wissen, dass Treibhunde für einige Arbeiten weniger geeignet sind als die typischen Rassen für den Koppelgebrauch mit Schafen.

Herdenschutzhunde

Einsatzzweck

Herdenschutzhunde unterscheiden sich bezüglich Ausbildung, Haltung und Einsatz deutlich von den anderen Herdengebrauchshunden. Herdenschutzhunde werden seit Jahrtausenden eingesetzt, um Nutztiere vor Raubtieren zu schützen. Sie sind in vielen Situationen, insbesondere im Sömmerungsgebiet, die einzig mögliche effiziente Massnahme zum Schutz der Herden. Diese Hunde leben ganzjährig bei den Nutztieren und sind im Einsatz von den Hundehaltern weitgehend unabhängig und auch unbeobachtet. Dafür braucht es selbstbewusste und instinktsichere Hunde, die zu eigenständiger Arbeit fähig sind. Allem Fremden im Umfeld ihrer Herde begegnen die Herdenschutzhunde anfänglich zurückhaltend und misstrauisch. Mögliche Gefahren und Unbekanntes werden deshalb nach Möglichkeit konsequent durch Abwehrverhalten von der Herde ferngehalten. Je nach Raubtierdruck, Herdengrösse und -kompaktheit, Eigenheiten des Weidegebiets etc. braucht es mehr oder weniger Herdenschutzhunde zur Bewachung einer Nutztierherde. In der Regel werden mindestens zwei erwachsene Herdenschutzhunde gemeinsam gehalten und eingesetzt.

Ausbildung

Das Schutzverhalten ist bei Hunderassen, die traditionell zum Herdenschutz eingesetzt werden, weitgehend genetisch fixiert. Zudem müssen Herdenschutzhunde eine umfassende Sozialisierung mit den zu schützenden Nutztieren wie auch mit Menschen durchlaufen. Der/die Ausbildner/in sollte nicht nur selbst eine auf Vertrauen basierende Beziehung zum Hund aufbauen, sondern diesem auch ermöglichen, möglichst viele verschiedene Situation kennenzulernen, in die er später gelangen kann. So erhält man charakterstarke Hunde, die z.B. ebenso souverän mit Artgenossen ausserhalb der Herde umgehen, wie sie auch adäquat auf Biker oder Wanderer im Umfeld der Herde reagieren. Ein Herdenschutzhund ist mit rund zwei bis drei Jahren erwachsen, seine maximale Effizienz erreicht er erst mit einer gewissen Erfahrung und im eingespielten Hunderudel.

Weiterführende Informationen

Impressum

Titelbild: Fabian Urbitsch

Grafiken/Illustrationen: Michael Knipfer, AGRIDEA

Fachliche Mitarbeit:

  • Andreas Schiess, AGRIDEA
  • Andrea Sulig, AGRIDEA
  • Daniel Mettler, AGRIDEA