Themen
Tierwohl und Tiergesundheit

“Gesunde Klauen” – Vorstellung des Ressourcenprojektes der Universität Bern

Lahmheiten und Klauenerkrankungen sind, nach Eutergesundheits- und Fruchtbarkeitsproblemen, die dritthäufigste Abgangsursache beim Schweizer Milchvieh. Sie sind im Kontext von Tierwohl und Tiergesundheit sowie mit Blick auf Leistung und Wirtschaftlichkeit von zentraler Bedeutung. Das Ressourcenprojekt möchte die Klauengesundheit und das Tierwohl der Schweizer Rinder nachhaltig verbessern. Dazu werden Klauenpfleger ausgebildet, Betriebe betreut und ein sorgfältiges Datenmonitoring etabliert.

Inhaltsverzeichnis

Gesunde Klauen – ein zentraler Punkt in der Rinderhaltung

Das Projekt „Gesunde Klauen“ hat es sich zum Ziel gesetzt, die Klauengesundheit der Schweizer Rinder zu verbessern.

Die Trägerschaft besteht aus der Schweizer Klauenpflegervereinigung (SKV) und den Rinderzuchtverbänden (Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter, ASR), erweitert durch die Tierärzteschaft (Schweizerische Vereinigung für Wiederkäuergesundheit, SVW-ASSR, als Fachsektion der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte, GST), welche die Projektstrategien bestimmt. Die wissenschaftliche Begleitung wird umgesetzt durch Mitarbeitende der Nutztierklinik der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern.

Der Fokus liegt dabei auf der Tiergesundheit als Grundlage für leistungsstarke und langlebige Tiere sowie auf der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in der Tierhaltung. Ein weiteres Hauptaugenmerk liegt auf der Minimierung des Antibiotika- und Medikamentenverbrauches und der Reduktion des Einsatzes von zink- und kupferhaltigen Klauenbadlösungen.

Gestartet wurde das Projekt Anfang 2019, das Ende der Hauptprojektzeit ist auf Ende 2024 angesetzt. Diesem schliessen sich zwei Jahre für die Dokumentation der Projektentwicklung an. Die entstandene Infrastruktur, der fachliche Austausch und die etablierte Zusammenarbeit zwischen der Tierärzteschaft, den Klauenpflegern und den landwirtschaftlichen Betrieben sollen jedoch langfristig aufrechterhalten werden.

Die kontinuierliche Verbesserung der Klauengesundheit ist von zentraler Bedeutung für das Tierwohl, die Maximierung der Bestandesgesundheit und für die damit einhergehende Minimierung des Arzneimitteleinsatzes. Somit kann auch den Mehrkosten durch Klauenerkrankungen und deren Folgen entgegengewirkt werden.

Das Projektteam, vorrangig bestehend aus Tierärztinnen und Tierärzten der Wiederkäuerklinik der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern, bietet eine projektinterne Ausbildung für gewerbsmässig tätige Klauenpfleger mit dem Ziel der Schulung der einheitlichen Diagnosestellung und Handhabung der digitalen Datenerfassung und Dokumentation. Es wird die Betreuung von Betrieben mit Problemen im Bereich Klauengesundheit, die Etablierung eines regelmässigen digitalen Monitorings der Klauengesundheitsdaten der teilnehmenden Betriebe, sowie ein breites und regelmässig stattfindendes Fortbildungsangebot für Klauenpfleger, Tierhalter und Tierärzte geboten.

Bisher wurden 65 Klauenpfleger ausgebildet, mehr als 1100 Betriebe sind in das Projekt eingestiegen und es wurden die Daten von mehr als 161 800 Klauenpflegen digital erfasst.

Die erhobenen Daten werden in der zentralen Datenbank der Zuchtverbände, dem KlauenNet (Qualitas AG, Zug), übertragen und können auf Betriebsebene oder Tierebene analysiert werden. Ein Beispiel für die Struktur der erhobenen Daten finden Sie in der obenstehenden Tabelle. Die Tierhalter haben Zugang zu den Daten ihres eigenen Betriebes und können die Klauengesundheitswerte mit denen von anderen im Projekt involvierten Betrieben (Benchmarking) vergleichen.

Die Klauengesundheit ist Teil eines komplexen Zusammenspiels aus vielen Faktoren.

Das Projektteam nutzt die Daten für weitere Auswertungen, wodurch 178 der teilnehmenden Betriebe, deren Datenanalyse ein Problem im Bereich der Klauengesundheit ergeben hatte, durch das Projektteam besucht wurden. Die Betriebe wurden im Hinblick auf stallbauliche Aspekte, Biosicherheit und Hygiene, sowie Fütterung und die regelmäßige Klauenpflege beraten. Den Betriebsleitenden wurden betriebsspezifische Massnahmen empfohlen, deren Umsetzungen in erster Linie durch den Klauenpfleger und durch den Bestandestierarzt jährlich geprüft und abgefragt werden. Im Rahmen des Dermatitis digitalis (Mortellarosche Krankheit) Pilotprojektes mit Start im April 2022 wurden 358 Betriebsbesuche in 24 Betrieben durchgeführt.

Die Einflüsse auf die Klauengesundheit sind vielfältig und sind Teil komplexer Wechselwirkungen. Als Beispiele seien Haltungsbedingungen, Cow Comfort, Biosicherheit, Fütterung, Stallklima, Zucht und Klauenpflege genannt. Um möglichst viele Faktoren abzudecken, ist ein lösungsorientierter Wissenstransfer mit Blick auf die Einflussfaktoren, die frühzeitige Lahmheitserkennung und die Behandlung von verschiedenen Klauenerkrankungen die Grundlage für den Ausbau von Herden mit gesunden und langfristig leistungsstarken Tieren.

Im Rahmen des wissenschaftlichen Begleitprogramms wurden bisher fünf Dissertationen fertiggestellt, aktuell laufen vier weitere Teilprojekte. Bisherige Themen waren die Beschreibung der funktionellen Klauenpflege, die Evaluation des Ausbildungskonzeptes für Klauenpfleger und die Berechnung des Vorkommens aller Klauenveränderungen gemäß dem «ICAR-Atlas der Klauengesundheit» (ICAR: Internationale Organisation für Tierdatenerfassung). Es wurde an einer normierten Klauenpflegetechnik, Diagnoseerhebung und Datenerfassung gearbeitet. Ebenfalls wurden Biosicherheitsempfehlungen für Klauenpfleger zusammengestellt und die Häufigkeit der Erkrankungen über die Projektjahre nachvollzogen, sowie spezifische Risikofaktoren für das Auftreten von Klauenerkrankungen ermittelt.

Die wohl wichtigste infektiöse Klauenerkrankung ist Dermatitis Digitalis (Mortellaro‘sche Krankheit, Erdbeeri):

M1-aktives Stadium, Veränderung < 2cm
M2-aktives Stadium, Veränderung > 2 cm
M3-chronisches Stadium, Schorfbildung, Abheilung
M4-Chronisches Stadium, hufeisenförming verdickt oder flache Veränderungen mit langen Haaren.
M41-aktives Stadium, Chronisch mit neuen kleinen Veränderungen . – Wird zu M2-aktives Stadium

Sie verursacht schmerzhafte Läsionen, wirtschaftliche Verluste und ist kaum gänzlich aus dem Bestand zu eliminieren. Aus dieser Notwendigkeit heraus entstand die Entwicklung des betriebsspezifischen Bekämpfungsprogramms gegen die Mortellaro‘sche Krankheit, in dem sowohl Risikofaktoren identifiziert werden konnten als auch Handlungsempfehlungen für betroffene Betriebe erarbeitet wurden. Zugehörig wird aktuell eine Studie zu verschiedenen Behandlungsansätzen von chronischen Dermatitis-Digitalis-Läsionen durchgeführt.

Zeitnah wird eine Arbeit zu den Faktoren, welche die Entwicklung der Klauengesundheit auf den betreuten Betrieben über die Zeit beeinflussen, fertiggestellt sein. Eine Arbeit zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen der linearen Beschreibung LBE des Fundaments und der späteren Klauengesundheit sowie die Untersuchung der Klauengesundheit von Zuchtstieren werden voraussichtlich mit Projektende zum Abschluss gebracht werden.

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nützliche Links

Die bereits erschienenen Veröffentlichungen finden Sie unter:
Fachinformationen: Publikationen der wissenschaftlichen Begleitung – Gesunde Klauen (unibe.ch)

Informationen zu den empfohlenen Biozid-Lösungen finden Sie hier:
Fachinformationen: Klauenbad / Sprühbehandlung – Gesunde Klauen (unibe.ch)

Weitere Inhalte sowie Kontaktmöglichkeiten bei fachlichen Fragen können Sie unserer Homepage entnehmen:
Gesunde Klauen (unibe.ch)