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Diversifizierung, Produkttransformation

Co-Working Spaces als Diversifizierungsangebot?

Mit dem Trend zu Home Office stellt sich in der Landwirtschaftlichen Diversifizierung die Frage, ob es Sinn machen kann, Co-Working Arbeitsplätze anzubieten.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Mit dem Trend zu Home Office stellt sich in der Landwirtschaftlichen Diversifizierung die Frage, ob es Sinn machen kann, Co-Working Arbeitsplätze anzubieten.

Gerade in Randgebieten kann es eine Möglichkeit sein, zusätzlich zu Agrotourismus oder Gastronomie Plätze anzubieten, an welchen Menschen aus dem städtischen Raum in der Ruhe der Natur und Abgeschiedenheit arbeiten können. Mit der laufenden Verbesserung der technischen Voraussetzungen bestehen gerade in abgelegenen Gegenden die Möglichkeiten, solche Angebote aufzubauen. Eine Studie, welche im Auftrag des Vereines CoworkationALPS im Jahr 2021 durchgeführt wurde hält die Kombination von Ferien und Arbeit, sogenannte Coworkation, als zukunftsträchtiges Konzept, Leerständen in den ländlichen Regionen entgegenzuwirken.

Studie Coworkation

In der deutschen Studie „Coworking im ländlichen Raum“ der Bertelsmann-Stiftung (Durchführung durch CoWorkLand Genossenschaft und Netzwerk Zukunftsorte) werden folgende Punkte benannt:

  • Eine neue Arbeitsform kann wichtige Impulse für die wirtschaftliche Wiederbelebung strukturschwacher Regionen geben
  • Die neue Form einer flexiblen und mobilen Berufsausübung in gemeinschaftlich genutzten Räumen besitzt viel Potenzial für die nachhaltige Belebung strukturschwacher Regionen
  • Die geschilderten Erfahrungen zeigen allerdings auch, dass Coworking auf dem Land stark von den technischen Gegebenheiten und der sozialen Vernetzung der Gründer und Gründerinnen abhängt
  • Coworking gibt Menschen die Möglichkeit, wohnortnah gut ausgestattete Arbeitsplätze zu nutzen, ohne täglich weite Pendelstrecken auf sich zu nehmen
  • Ländliche Regionen, die unter Abwanderung und Überalterung leiden, lassen sich durch den Zuzug junger Familien und die Modernisierung der Infrastruktur neu beleben
  • Unternehmen profitieren von einem grösseren Einzugsgebiet für Fachkräfte. Nicht zuletzt kann Coworking eine Triebkraft für den Wandel hin zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen und modernen Wirtschaftswelt sein
  • Eine bessere Vereinbarkeit von Berufsausübung und Wohnortwunsch. Ihr Potenzial für den ländlichen Raum zeigt sich in der vielfältigen Kundschaft
  • Unter den Nutzern und Nutzerinnen von Coworking auf dem Land finden sich viele Menschen im Angestelltenverhältnis, in unterschiedlichen Berufsbildern, ohne akademischen Schulabschluss und mit einer breiten Altersstruktur
  • Coworking auf dem Land hat eine sehr viel breitere Zielgruppe und größere Integrationskraft als in der Stadt. Es wird von all jenen nachgefragt, die ein Bedürfnis nach Gemeinschaft haben und sich ihren Arbeitsort frei auswählen können
  • Anders als in den Ballungsgebieten, ist daher das Agieren in lokalen Netzwerken aus Sicht vieler Befragter ein wichtiger Erfolgsfaktor– zumal es im ländlichen Raum noch keinen entwickelten Markt für die neuen Angebote gibt
  • Mobiles Arbeiten kommt den Bedürfnissen vieler Angestellter deutlich mehr entgegen als der bloße Umzug ins Homeoffice

Vorüberlegungen

Für die Vorüberlegungen kann das Flügelradmodell nach Trigon angewendet werden:

Infrastruktur

Grundvoraussetzung für ein gutes Angebot ist eine moderne Infrastruktur.

Diese beinhaltet eine sehr gute Netzwerkanbindung. Die technischen Voraussetzungen bezüglich Internetabdeckung und Netzwerkversorgung ist eine essentielle Voraussetzung.

Ebenso ist die verkehrstechnische Erschliessung in die Überlegungen miteinzubeziehen. Ein Angebot für Coworkation kann etwas abgelegener sein. Eine effiziente Erreichung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist jedoch in jedem Fall von Vorteil. Zur baulichen Infrastruktur gehört neben benutzerfreundlichen und ergonomischen Arbeitsplätzen auch eine angepasste Verpflegungsmöglichkeit. Hier ergeben sich spannende Möglichkeiten mit agrotouristischen und Gastronomie-Angeboten.

Menschliche Faktoren

Nicht nur bauliche und gesetzliche Voraussetzungen müssen im Vorfeld abgeklärt sein. Ebenso wichtig sind die sozialen und familiären Aspekte.

  • Alle involvierten Personen müssen damit klar kommen, dass sich fremde Menschen auf dem Betrieb aufhalten
  • Die Verfügbarkeit von zeitlichen Ressourcen im Voraus zum Beispiel mit Labourscope berechnen
  • Marketing/Werbung braucht Fachwissen und regelmässige Aufarbeitung
  • Eine Gastgeberpersönlichkeit zeichnet sich durch menschliche Wärme, Kundennähe und echter Zuwendung aus

Rechtliches

Laut Auskunft von Agriexpert gibt es folgende Punkte zu berücksichtigen:

Raumplanerisch bedeutet dies, dass es um eine Vermietung von gewerblich genutzten Räumen geht, und keinerlei Verbindung zur Landwirtschaft oder zum Standortbetrieb besteht.

Somit handelt es sich nicht um ein agrotouristisches beziehungsweise paralandwirtschaftliches Angebot im Sinne eines nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetriebs mit engem Bezug zur Landwirtschaft nach Art. 24b RPG in Verbindung mit Art. 40 RPV.

Wenn, dann ist von einem nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieb ohne sachlichen Bezug zur Landwirtschaft auszugehen (wie Schreinerei, Lohnunternehmen, etc.), wobei es sich um eine reine Vermietung von Büroräumen handelt, ohne eine Arbeitsleitung seitens Landwirtschaftsbetrieb zu erbringen. Eine reine Vermietung ist aus raumplanerischer Sicht eigentlich nicht Sinn und Zweck eines nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetriebes.

Aus meiner Sicht handelt es sich bei einer Raumnutzung durch Coworking-Spaces als reine Vermietung von Büroräumen um eine gewerbliche Nutzung und nicht um einen nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieb.  

Somit müsste der Landwirtschaftsbetrieb spezielle, raumplanerische Rahmenbedingungen aufweisen, um eine reine Vermietung von Büroräumen raumplanerisch zulässig realisieren zu können:

  • Art. 37a RPG i.V.m. Art. 43 RPV: Besitzstand von altrechtlich gewerblicher Nutzung (gewerbliche Nutzung besteht rechtmässig seit vor 1.1.1980)
  • Art. 39 RPV: Kleingewerbliche Nutzung in Streusiedlungsgebieten (müssen im kantonalen Richtplan ausgeschieden sein und in Bestimmungen zur Streusiedlung muss ein Gewerbeanteil verlangt sein)
  • Art. 18 RPG: spezielle Zonen ausserhalb Bauzone wie Weilergebiete/-zonen mit Möglichkeit durchgehender Zweckänderung
  • Art. 24d Abs. 2 RPG: durchgehende Zweckänderung von als schützenswert anerkannten Bauten und Anlagen
  • Art. 15 RPG: Betriebsgebäude, die in einer Bauzone liegen, können im Rahmen der jeweiligen Bauzonenbestimmungen umgenutzt und umgebaut werden. Hier dürfte zumindest die Frage der genügenden Erschliessung gelöst sein.

Grundsätzlich gilt es immer zuerst den Einzelfall zu prüfen. Eine allgemein verbindliche Aussage kann üblicherweise nicht gemacht werden. Die vorstehenden Erläuterungen sind als rechtliche Richtschnur zu verstehen und auf den überwiegenden Teil der Landwirtschaftsbetriebe anwendbar. Quelle: Hansueli Schaub, Agriexpert

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