Projekte zur Alpsaison als immaterielles Kulturerbe der UNESCO

Die Alpsaison ist immaterielles Kulturerbe
Die Alpsaison ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens in den Schweizer Berggebieten. Seit dem Mittelalter ist diese sogenannte «lebendige Tradition» schriftlich belegt und bis heute bringen Tierhalter aus den Berg- und Talregionen ihr Vieh im Sommer auf die Alpweiden und formen so die Kulturlandschaft.
Im Dezember 2023 wurde die Alpsaison in das immaterielle Kulturerbe der UNESCO eingetragen. Dieser Eintrag verdeutlicht den Stellenwert der Alpsaison für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Leben in der Schweiz.
Es ist aber nicht selbstverständlich, dass Alpwirtschaft heute und auch in Zukunft weiter betrieben wird. Wer mit der Alpwirtschaft arbeitet, weiss, dass ein Umgang mit vielfältigen Herausforderungen gefunden werden muss – seien es der Klimawandel, Interessenskonflikte zwischen den unterschiedlichen Nutzenden der Alpweiden, die Suche nach qualifiziertem Alppersonal oder ein nachhaltiger Umgang mit Grossraubtieren.
Der Eintrag im immateriellen Kulturerbe der UNESCO verhilft der Alpsaison nun zu einer verstärkten Sichtbarkeit und öffnet neue Möglichkeiten, um ein Fortbestehen dieser Tradition zu unterstützen. Angesicht ihrer Bedeutung ist es wichtig, dass die Alpsaison als lebendiges und gelebtes Kulturgut bewahrt und weiterentwickelt wird. Dies tun in erster Linie die Älplerinnen und Älpler sowie auch die Alpbestösser und -bestösserinnen, die die Alpen jeden Sommer aufs Neue beleben. Daneben tragen aber auch viele weitere Massnahmen dazu bei, dass die Alpsaison in Wert gesetzt und gestärkt wird. Projekte, welche in direktem Zusammenhang mit der Alpsaison als immaterielles Kulturgut der UNESCO stehen und vom Bundesamt für Kultur (BAK) mitfinanziert werden, stellen wir hier vor.
Für Projekte zur Bewahrung von lebendigen Traditionen kann beim BAK einmal jährlich ein Gesuch um Unterstützung gestellt werden.
UNESCO-Welterbe, immaterielles Kulturerbe, Naturerbe – Was ist was?
Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (auf Englisch: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization). Sie fördert die internationale Zusammenarbeit in diesen Bereichen. Jeder Mitgliedstaat bildet eine Nationalkommission, für die Schweiz ist das die Schweizerische UNESCO-Kommission.
Die UNESCO setzt sich für den Schutz und die Bewahrung von wichtigen Kulturgütern und Naturlandschaften ein, dem UNESCO-Kultur- und -Naturerbe. Dieses besteht aus verschiedenen Elementen:
- UNESCO-Welterbe: Materielle bzw. fassbare Natur- und Kulturgüter von aussergewöhnlichem universellem Wert für die Menschheit (u.a. Denkmäler, Stätten, Naturgebilde). Sie werden durch die Welterbekonvention der UNESCO geschützt. In der Schweiz gehören dreizehn Standorte zum Welterbe der UNESCO, neun davon wegen ihrer kulturellen Bedeutung (Weltkulturerbe) und vier wegen ihrer landschaftlichen Schönheit (Weltnaturerbe).
- Immaterielles Kulturerbe der UNESCO: Lebendige kulturelle Ausdrucksformen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden und zum Identitätsgefühl einer Gemeinschaft beitragen. Beispiele hierfür sind Traditionen und Bräuche, darstellende Künste wie Musik, Tanz und Theater, Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur oder Fachwissen über traditionelle Handwerkstechniken. Im Gegensatz zum materiellen Kulturerbe ist das immaterielle Kulturerbe nicht greifbar und verändert sich stetig. Sieben Schweizer Traditionen wurden bisher in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit (auf Französisch) eingetragen. Das immaterielle Kulturerbe wird durch das UNESCO-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes geschützt.
- UNESCO-Biosphärenreservate: Schützenswerte charakteristische Kulturlandschaften, in welchen innovative Konzepte für die Erhaltung biologischer Vielfalt und traditioneller Kulturen zusammen mit einer wirtschaftlichen Entwicklung des Gebiets umgesetzt werden. Die Biosphärenreservate sollen als Modelle für eine sorgsame Bewirtschaftung des Lebensraums dienen. In der Schweiz gibt es zwei UNESCO-Biosphärenreservate.
- UNESCO Unterwasser-Kulturerbe, UNESCO-Weltdokumentenerbe und UNESCO Global Geoparks
Verein „Lebendige Alpsaison“
Am 4. Dezember 2025 findet in Bern die Gründungsversammlung des Vereins „Lebendige Alpsaison“ statt. Der Verein wird die Umsetzung der UNESCO-Anerkennung auf nationaler Ebene koordinieren und kommunizieren.
Einladung und weitergehende Informationen finden Sie hier:
- Einladung
- Traktandenliste
- Statuten auf Deutsch
- Vorschlag für die Mitgliederbeiträge
- Unterlagen auf Italienisch: Invitazione e statuti
➔ Anmeldung für die Gründungsversammlung / Bestellen der Unterlagen für eine Vereinsmitgliedschaft
Projekte
Laufend

Inwertsetzung und Vermittlung der Alpsaison – Vorabklärungen für Projekte
AGRIDEA und Schweizerischer Alpwirtschaftlicher Verband (SAV)
Projektdetails
Organisation: AGRIDEA und SAV
Projektdauer: Oktober 2024 bis Dezember 2025
Beschreibung: Ziel des Projekts ist es, das kulturelle Erbe und die Aktualität der Alpsaison mit dem Nutzen für Landwirtschaft, Landschaft und Biodiversität zu verbinden und zu stärken. Den alpwirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren werden Plattformen geboten, um ihre Perspektiven zu artikulieren und ihre Erfahrungen zu präsentieren. Durch die Inwertsetzung von Lösungsansätzen, welche die Älpler und Älplerinnen im Umgang mit ihren Herausforderungen entwickelt haben, können Innovation und Weiterentwicklung der Alpwirtschaft gefördert werden.
Das Projekt besteht aus drei Teilprojekten:
Teilprojekt 1: Organisation und Kommunikation
In Zusammenhang mit dem Eintrag der Alpsaison in das immaterielle Kulturerbe der UNESCO werden verschiedene Massnahmen für dessen Bewahrung, Inwertsetzung, Weiterentwicklung und Vermittlung umgesetzt. Damit diese Umsetzung transparent und koordiniert geschieht, ist eine Organisationsform nötig, die auf nationaler Ebene agiert und die Kommunikation rund um die Projekte organisiert und steuert. Eine passende Organisationsform soll im Rahmen der Vorabklärungsphase gefunden und gegründet werden.
Teilprojekt 2: Bestandesaufnahme Alparchive
Es gibt relativ solide Quellen zur Geschichte der Alpwirtschaft, sie sind jedoch weit verstreut. Daher soll nun ein Überblick zu den historischen Quellen der schweizerischen Alpwirtschaft sowie zu regionalen und lokalen Entwicklungen erarbeitet werden. Diese Quellen- und Literaturrecherche dient als Basis für zwei weiterführende Projekte: (1) der Erstellung eines partizipativen online-Archivs, das der Öffentlichkeit Quellen (Texte, Bilder, ggf. Filme) zur Geschichte der schweizerischen Alpwirtschaft und einzelner Alpen zugänglich macht; (2) der Erstellung einer Buchpublikation, die die Geschichte des SAV zur allgemeinen Entwicklung der Alpwirtschaft in Beziehung setzt.
Teilprojekt 3: Konzept und Vorbereitung für eine Wanderausstellung
Mit ihren Produkten, den kulturellen Praktiken und vor allem den Geschichten rund um Menschen und Tiere, bietet die Alpwirtschaft Anknüpfungspunkte für eine grosse Vielfalt an Zielgruppen. Um diese unterschiedlichen Personen anzusprechen und hinsichtlich der Alpwirtschaft aufzuklären, soll eine modular aufgebaute und mehrsprachige Wanderausstellung konzipiert werden, die auf regionale Besonderheiten sowie auf die Interessen von verschiedenen Zielgruppen eingehen kann. Möglich in Frage kommende Themen sind beispielswiese der Nutzen der Alpwirtschaft für Landschaft und Biodiversität, Nutzungskonflikte auf der Alp, die Vielfalt der Alpprodukte, oder die Folgen des Klimawandels und Anpassungsstrategien der Alpbetriebe.
Finanzierung: BAK, Fondation Sur-la-Croix, Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Leopold Bachmann Stiftung, AGRIDEA und SAV
Kontakt:
- Projektleitung und Teilprojekt 3: Esther Haesen, AGRIDEA
- Teilprojekt 1: Selina Droz, SAV
- Teilprojekt 2: Rahel Wunderli, Institut Kulturen der Alpen

Kulturerbe, Alpsaison und lebendige Traditionen
Parc naturel régional Gruyère Pays-d’Enhaut
Projektdetails
Organisation: Parc naturel régional Gruyère Pays-d’Enhaut
Projektdauer: 2025 bis 2026
Beschreibung: Dieses Projekt soll zur Erhaltung und Aufwertung des kulturellen Erbes des Parks beitragen, darunter insbesondere der Alpsaison. Die Alpsaison liegt im Zentrum der kulturellen Identität des Parks Gruyère Pays-d’Enhaut. Sie ist der Ursprung seiner Landschaften, seines baulichen Erbes sowie seiner lebendigen Traditionen. Nach der Aufnahme der Alpsaison in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit durch die UNESCO möchte der Park auf seinem Gebiet zu den in dieser Liste vorgesehenen Schutzmassnahmen beitragen, in Koordination mit dem auf Schweizer Ebene eingeführten Vorgehen.
Es geht darum, ein Konzept zur Aufwertung der Alpsaison auf der Ebene des Parkgebiets in Zusammenarbeit mit den Trägern der Traditionen der Region, den lokalen Museen (Musee gruérien und Pays-d’Enhaut), den Hochschulen und den touristischen Akteuren zu erarbeiten. Es wird eine Koordination mit den Alpwirtschaftlichen Vereinen der Schweiz und den Kantonen Waadt und Freiburg, den betroffenen kantonalen Dienststellen, dem Netzwerk der Schweizer Pärke und dem BAK sichergestellt.
Das Konzept umfasst insbesondere die folgenden Elemente:
- Beobachtung und Überwachung von Veränderungen der Rahmenbedingungen, die die Alpsaison beeinflussen (Klimawandel, sozioökonomisches Umfeld, Agrarpolitik, Grossraubtierproblematik usw.) und Beitrag zur Suche nach entsprechenden Antworten zusammen mit den betroffenen Akteuren (z.B. für die Wasserbewirtschaftung)
- Unterstützung und Begleitung der Trägerinnen und Träger von Traditionen im Zusammenhang mit der Alpsaison, insbesondere bei der Weitergabe und Weiterentwicklung ihres Wissens
- Aufbau eines Kulturvermittlungsprojekts mit regionaler oder gar nationaler Ausstrahlung rund um die Alpsaison in Zusammenarbeit mit Kultur- und Tourismuspartnern aus den Regionen und Kantonen – Pilotversuch mit Schulklassen und anderen Gruppen
- Unterstützung von Sondierungsmassnahmen im Zusammenhang mit lebendigen Traditionen, die mit der Alpsaison verbunden sind (z.B. Förderung des Know-hows im Zusammenhang mit Wildpflanzen, Forschung zur Nachhaltigkeit von traditionellen Holzdächern)
Finanzierung: BAK, Parc Gruyère Pays-d’Enhaut
Kontakt: Bruno Clément, Parc Gruyère Pays-d’Enhaut, 026 924 30 31
Links
➔ BAK – Alpsaison
➔ UNESCO – Alpsaison (auf Französisch)
Impressum
Titelbild: Mélanie Rouiller
Bilder:
- Inwertsetzung und Vermittlung der Alpsaison – Vorabklärungen für Projekte: Mélanie Rouiller
- Kulturerbe, Alpsaison und lebendige Traditionen: Parc Gruyère Pays-d’Enhaut
Ein Projekt von: