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Biodiversität

Problempflanzen und Verbuschung

Für eine nachhaltige Nutzung und zur Offenhaltung der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) darf der Besatz an Problempflanzen und die Verbuschung nicht Überhand nehmen. Eine frühe Erkennung und Verhinderung der Ausbreitung ist wichtig. Der vorliegende Leitfaden soll den Kantonen helfen, sinnvolle Schwellenwerte anzuwenden und einen schweizweit einheitlicheren Umgang auf der LN fördern.

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Inhaltsverzeichnis

Ein Leitfaden für den Vollzug auf der Landwirtschaftlichen Nutzfläche

Hintergrund und Ziel des Leitfadens

Infolge des Strukturwandels in der Landwirtschaft werden viele Betriebe grösser und Arbeitsressourcen oft knapper. Dadurch kann es zur Unternutzung gewisser Flächen kommen, auf welchen Problempflanzen vermehrt aufkommen und Verbuschung zu einem Problem wird. Gleichzeitig nimmt der Druck von Problempflanzen durch den Klimawandel und die zunehmende Verbreitung invasiver Neophyten generell zu. Gerade auf extensiv bewirtschafteten Flächen kann der Besatz an Problempflanzen auch bei angepasstem Management schnell zunehmen. Dieselbe Entwicklung kann ebenfalls auf nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen wie beispielsweise an Waldrändern, Strassenrändern oder Bahnborden beobachtet werden.

Für eine nachhaltige Nutzung und zur Offenhaltung der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) darf der Besatz an Problempflanzen und die Verbuschung jedoch nicht Überhand nehmen. Eine frühe Erkennung und Verhinderung der Ausbreitung ist deshalb wichtig. Gemäss landwirtschaftlicher Begriffsverordnung LBV, Direktzahlungsverordnung DZV und Einzelkulturbeitragsverordnung EKBV müssen Problempflanzen bekämpft und an der Ausbreitung gehindert werden. Flächen mit einem übermässigen Besatz an Problempflanzen müssen saniert werden oder können, bei nicht sachgerechter Sanierung, aus der LN ausgeschlossen werden. Es liegt im Ermessen der Kantone zu definieren, was als übermässiger Besatz gilt.

Der vorliegende Leitfaden richtet sich primär an die kantonalen Vollzugsstellen und Kontrollinstanzen und soll ihnen helfen, in diesem Ermessensspielraum sinnvolle Schwellenwerte anzuwenden, den Vollzug  zu harmonisieren sowie einen schweizweit einheitlicheren Umgang mit Problempflanzen und Verbuschung auf der LN zu fördern. Der Leitfaden ist rechtlich nicht verbindlich.

Er bezieht sich nur auf Flächen innerhalb der LN. Für alle weiteren betroffenen Flächen ausserhalb der LN gelten die Praxisleitfäden Neobiota der kantonalen Naturschutzfachstellen.

Rechtliche Grundlagen

Problempflanzen

  • LBV, Art. 16 Abs. 1b Nicht als landwirtschaftliche Nutzfläche gelten: Flächen oder Teilflächen mit einem hohen Besatz an Problempflanzen, wie Blacken, Ackerkratzdisteln, Flughafer, Quecken, Jakobs-Kreuzkraut oder invasiven Neophyten.
  • DZV, Art. 58 Abs. 3 Problempflanzen wie Blacken, Ackerkratzdisteln, Jakobskreuzkraut oder invasive Neophyten sind zu bekämpfen; insbesondere ist deren Ausbreitung zu verhindern. Ein hoher Besatz an Problempflanzen führt nach Art. 16 Abs. 1 Bst. b LBV bei allen landwirtschaftlichen Flächen zum Ausschluss von der LN (Art. 16 Abs. 1 Bst. b LBV) und damit von der Beitragsberechtigung. Anweisungen des Kantons im Rahmen der Freisetzungsverordnung (FrSV; SR 814.911) sind zu befolgen. Bei Landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Ausnahme der Brachen und Säume liegt es im Ermessungsspielraum der Kantone, was als hoher Besatz gilt. Bei den Brachen und Säumen besteht ein hohes Risiko für Problempflanzen. Deshalb sind nachfolgende Bekämpfungsschwellen definiert:
    • Winde (Convolvulus arvensis): der Deckungsgrad beträgt mehr als 33 % der Gesamtfläche oder
    • Quecke (Elymus repens): der Deckungsgrad beträgt mehr als 33 % der Gesamtfläche oder
    • totaler Grasanteil (inkl. Ausfallgetreide): der Deckungsgrad im ersten bis vierten Standjahr beträgt mehr als 66 % der Gesamtfläche oder
    • Blacke (Rumex obtusifolius): mehr als 20 Pflanzen pro Are oder
    • Ackerkratzdistel (Cirsium arvense): mehr als ein Nest pro Are (ein Nest entspricht 5 Trieben pro 10 m2)
    • Aufrechtes Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia): Nulltoleranz (Bekämpfungspflicht)

    Sind diese überschritten, werden die Beiträge gemäss Anh. 8 Ziff. 2.1.7 Bst. b gekürzt. Der Kanton setzt eine angemessene Frist zur Sanierung der Brache und nimmt nach Ablauf der Frist eine Nachkontrolle vor. Stellt er fest, dass immer noch ein hoher Besatz an Problempflanzen besteht, so wird die Fläche aus der LN ausgeschlossen und ist somit nicht mehr beitragsberechtigt. Die Kontrolle von Bunt- und Rotationsbrachen sollte zwischen dem 1. Juni und dem 31. August durchgeführt werden. Dieselben Bestimmungen gelten für Säume, allerdings ohne das Kriterium des Grasanteils.
  • EKBV, Art. 1 Abs. 3 und 4 Abs. 3b Keine Beiträge werden ausgerichtet für: Parzellen oder Parzellenteile mit hohem Besatz an Problempflanzen, insbesondere Blacken, Ackerkratzdisteln, Quecken, Flughafer, Jakobs-Kreuzkraut und invasive Neophyten.
  • DZV Anhang 8 Ziffer 2.1.7 Buchstabe b und EKBV Anhang 1 Ziffer 2.8 Buchstabe B Fläche ist stark verunkrautet; Kürzung 400 Fr./ha x betroffene Fläche in ha; Ausschluss der Fläche aus der LN, wenn der Mangel nach Ablauf der gesetzten Frist zur Sanierung weiter besteht.
  • FrSV, Art. 15 Schutz von Menschen, Tieren, Umwelt und biologischer Vielfalt vor gebietsfremden Organismen. (…) Mit invasiven gebietsfremden Organismen nach Anhang 2 darf in der Umwelt nicht direkt umgegangen werden.
  • Zusätzlich muss die kantonale Gesetzgebung beachtet werden.

Allgemeine Verbuschung

  • LBV, Art. 19 Abs. 3 Verbuschte oder unproduktive Teile einer Weide sind nicht an die LN anrechenbar und müssen von der Gesamt-LN abgezogen werden.
  • DZV, Art. 35
    • Unproduktive Kleinstrukturen auf extensiv genutzten Weiden berechtigen bis zu einem Anteil von höchstens 20 % an der Weidefläche zu Beiträgen.
    • Entlang von Gewässern auf extensiven genutzten Wiesen, Streueflächen und Uferwiesen berechtigen Kleinstrukturen bis zu 20 % zu Beiträgen.
  • DZV, Art. 35, Abs. 1 Auf eine Ausscheidung von Kleinstrukturen innerhalb einer Bewirtschaftungsparzelle kann bis zu einer Summe von 1 Are pro Hektare landwirtschaftlicher Nutzfläche grundsätzlich verzichtet werden (Erfassungsgenauigkeit 1 %).
  • DZV, Art 42 Abs. 3 Die Flächen müssen so genutzt werden, dass es zu keinem Waldeinwuchs kommt.

Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht

  • Art. 22b Abs. 1 Pflichtverletzungen des Pächters: Der Verpächter kann mit einer Frist von sechs Monaten die Pacht schriftlich auf den folgenden Frühjahr- oder Herbsttermin kündigen, wenn der Pächter trotz schriftlicher Ermahnung beziehungsweise Aufforderung des Verpächters seine Bewirtschaftungspflicht nach Artikel 21a weiter verletzt.
  • Art. 23 Abs. 1 und 4 Rückgabe, Verbesserungen und Verschlechterungen:
    • Abs. 1 Bei Beendigung der Pacht ist der Pachtgegenstand in dem Zustand, in dem er sich befindet, zurückzugeben.
    • Abs. 4 Für Verschlechterungen, die bei gehöriger Bewirtschaftung hätten vermieden werden können, hat er Ersatz zu leisten.

Begriffsdefinitionen

Landwirtschaftliche Nutzfläche: Als landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) gilt die einem Betrieb zugeordnete, für den Pflanzenbau genutzte Fläche ohne die Sömmerungsfläche, die dem Bewirtschafter oder der Bewirtschafterin ganzjährig zur Verfügung steht und die ausschliesslich vom Betrieb aus bewirtschaftet wird.
Problempflanzen: Problempflanzen sind Arten, die je nach Standort (Ökotyp), Eigenschaft und Häufigkeit auf der LN aus ökologischen, gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht erwünscht sind. Gemeint sind sowohl einheimische (landwirtschaftliche Problempflanze) und gebietsfremde (invasiver Neophyt) Arten.
Verbuschung: Die Verbuschung beschreibt das Vordringen von Gehölzen in die landwirtschaftliche Nutzfläche (meist Grasland oder Brachen) bei zu geringer Bewirtschaftung. Sie ist oft die Vorstufe zur Verwaldung. Die Verbuschung ist als Bestandteil der Sukzession ein dynamischer Prozess. Sie wird beeinflusst durch Exposition, Topographie, Höhenlage, Untergrund, Dichte der Grasnarbe, Nutzung und Pflege und die Bewirtschaftungsgeschichte.
Verbuschungsarten: Verbuschungsarten sind Sträucher, Zwergsträucher und Bäume. Sie wachsen oft in Kombination mit anderen Arten wie auch teilweise mit anderen Problempflanzen.
Betroffene Teilflächen: Zur Beurteilung des Besatzes an Problempflanzen oder der Verbuschung werden bei Kontrollen vor Ort die betroffenen Teilflächen ausgeschieden. Damit gemeint sind die Bereiche der Bewirtschaftungsparzelle, auf der die betreffende Pflanzenart vorkommt oder die verbuscht ist. Die Mindestgrösse einer Teilfläche beträgt eine Are. Für Arten mit Nulltoleranz gilt diese Mindestgrösse jedoch nicht.
Schwellenwert: Der Schwellenwert definiert den maximalen Deckungsgrad (Besatz) für eine betroffene Teilfläche mit Problempflanzen oder Gehölzen. Das Überschreiten des Schwellenwertes bedeutet, dass nach Ablauf der angegebenen Sanierungsfrist ein Ausschluss der betroffenen Teilfläche aus der LN erfolgt.
Sanierungsfrist: Die Sanierungsfrist gibt den Zeitrahmen an, während dem Massnahmen ergriffen werden müssen, um die Problempflanzen zu bekämpfen und den Deckungsgrad unter den Schwellenwert zu bringen. Nach Ablauf dieser Frist erfolgt eine Nachkontrolle. Wurden die Massnahmen offensichtlich und ausreichend ergriffen und der Bestand konnte dennoch nicht entsprechend reduziert werden, kann die Frist verlängert werden.
Beitragskürzung: Wird eine Beitragskürzung vorgenommen, erfolgt sie gemäss den Kürzungsrichtlinien der DZV.
Deckungsgrad: Der Deckungsgrad beschreibt den Anteil der Fläche, der mit oberirdischen Pflanzenteilen der Art bewachsen ist.
Sofortmassnahmen: Sofortmassnahmen sind sofort im Anschluss an die Kontrolle/Feststellung des Befalls zu ergreifen. Bei vielen Problemunkräutern muss ein Versamen unbedingt verhindert werden. Dabei gilt es, Samenstände rechtzeitig zu entfernen und fachgerecht zu entsorgen (KVA). Als Sofortmassnahme kann auch gefordert werden, die Beratung zeitnah zu kontaktieren.

Vorgehensweise in der Vollzugspraxis

Im vorliegenden Leitfaden wird zwischen dem Umgang mit Problempflanzen und mit Verbuschung unterschieden.

Um den Eigenheiten der unterschiedlichen Flächennutzungen der LN gerecht zu werden, wurden individuelle Schwellenwerte für das Vorkommen von Problempflanzen auf folgenden Flächen definiert:

  • Grünland und Spezialkulturen
  • Ackerland (inkl. Kunstwiesen)
  • Biodiversitäsförderfläche (BFF) (ohne Brachen und Säume)
  • BFF: Brachen und Säume

Wichtig: Grundsätzlich gilt, dass Massnahmen zur Bekämpfung von Problempflanzen schon bei geringem Vorkommen weit unter den definierten Schwellenwerten ergriffen werden müssen. Die meisten Problempflanzenarten haben die Eigenschaft, sich so rasch zu verbreiten und dichte Bestände zu bilden, dass Schwellenwerte innerhalb weniger Jahre überschritten werden und der Aufwand zur Bekämpfung oder Sanierung von Flächen enorm zunimmt. Es gilt das Motto: Wehret den Anfängen.

Vorgehen beim Vorkommen von Problempflanzen auf der LN

Berukkraut, starke Ausbreitung
Beispiel Problempflanzen: Starke Ausbreitung Berufkraut (Erigeron annuus) Deckungsgrad > 50%
Anja Gramlich, AGRIDEA

In der folgenden Tabelle sind Schwellenwerte sowie Sanierungsfristen für weit verbreitete Problempflanzen auf den oben genannten Flächen aufgelistet. Die Liste enthält Arten, die von kantonalen Stellen als relevant für die LN beurteilt wurden sowie die Arten, die in der Freisetzungsverordnung (FrSV, Anhang 2) genannt werden (ohne Arten, die nur in Gewässern relevant sind). Nulltoleranz wurde für Arten festgelegt, die gebietsfremd sind und einen grossen gesundheitlichen, ökologischen oder wirtschaftlichen Schaden anrichten. Ebenfalls wurde für gebietsfremde Arten, die mit zumutbarem Aufwand bekämpfbar sind Nulltoleranz festgelegt. Die Liste ist nicht abschliessend und kann durch die Kantone ergänzt oder angepasst werden. Weiter sind jeweils Links zu Merkblättern von Infoflora, Agroscope, AGRIDEA, FIBL, AGFF oder Cercle Exotique (KVU) mit empfohlenen Bekämpfungsmethoden angegeben.

Hinweis: Broschüren zur Erkennung und zur Bekämpfung von Neophyten können bei den kantonalen Fachstellen für Naturschutz bezogen werden. Ein ziemlich umfassendes Beispiel ist die „Praxishilfe Neophyten- Problempflanzen erkennen und richtig handeln“ vom Kanton Basellandschaft.

Vorgehen bei der Feststellung von Verbuschung auf der LN

beginnende Verbuschung
Beispiel beginnende Verbuschung am Waldrand
Werner Wieland, ALG Graubünden

Einzelne Verbuschungsarten werden nicht unterschieden, es wird nur die allgemeine Verbuschung (Aufkommen von Sträuchern/Gehölzen, welche auf eine klaren Unternutzung/Nichtbewirtschaftung hinweisen) auf Grünflächen behandelt.

Fortschreitende Verbuschung
Beispiel fortschreitende Verbuschung
Werner Wieland, ALG Graubünden
AGRIDEA Logo
Impressum

Titelbild: Werner Wieland, Kanton Graubünden

Grafiken/Illustrationen: Merel Gooijer, AGRIDEA; weitere Bildquellenangaben im Text.

Fachliche Mitarbeit: Andreas Distel (Kt. Aargau), Olivier Dorthe (Kt. Fribourg), Fiona Eyer (Kt. Zürich), Laurent Guignard (PIOCH), Lena Heinzer (Kt. Schaffhausen), Nicole Inauen (Kt. St. Gallen), Barbara Mosimann (Kt. Bern), Benno Niederberger (Kt. Baselland), Heiri Niederberger (Zentralschweiz), Jonas Plattner (BLW), Barbara Stäheli (Kt. Zürich), Thomas Stirnimann (KBNL), Werner Wieland (Kt. Graubünden), Anja Gramlich (AGRIDEA)

Der Inhalt dieses Artikels ist auch im AGRIDEA-Shop als PDF verfügbar.