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Gemeinschaftsgastronomie

Gemeinschaftsgastronomie in den Schweizer Kantonen: Massnahmen und Initiativen

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl von Massnahmen und Ansätzen, die auf eine nachhaltige öffentliche Gemeinschaftsgastronomie abzielen. Das Ziel dieses Dokuments ist es, eine Bestandsaufnahme der verschiedenen Initiativen zu machen, die in den Schweizer Kantonen zu diesem Thema umgesetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

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Gemeinschaftsgastronomie

Die Gemeinschaftsgastronomie umfasst alle Aktivitäten zur Zubereitung und Bereitstellung von Mahlzeiten für Personen, die in Gemeinschaften arbeiten oder wohnen, wie Unternehmen, lokale und nationale Behörden, Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser sowie Alters- und Pflegeheime. Sie umfasst auch alle anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen, die für die Ernährung ihrer Mitglieder sorgen, wie z.B. das Militär, Gefängnisse, Erziehungsanstalten und Religionsgemeinschaften.

Die Kosten für eine Mahlzeit in der Gemeinschaftsgastronomie für den Gast müssen notwendigerweise niedriger sein als in ähnlichen öffentlich zugänglichen Restaurants. Der Zugang zu preiswerten Mahlzeiten am Arbeits- oder Wohnort ist ein sozialer Vorteil für die Mitglieder der Gemeinschaften und ein wesentlicher Aspekt ihrer Sozialpolitik.

Schema : Definition Gemeinschaftsgastronomie

Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. Gemeinschaftsgastronomie

Die verschiedenen Systeme der Gemeinschaftsgastronomie

Es gibt drei grosse Systeme der Gemeinschaftsgastronomie1, die die Entscheidungsgewalt über die Küchenversorgung beeinflussen.

Selbstverwaltung

Die Selbstverwaltung zeichnet sich durch die Anwesenheit eines Küchenchefs/einer Küchenchefin aus, unter der direkten Aufsicht des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin steht. Der Küchenchef/die Küchenchefin ist für die Menüplanung und die Beschaffungsstrategie verantwortlich und verwaltet ein Jahresbudget. Dieses Modell ist in Alters- und Pflegeheimen und Schulen sehr verbreitet, oft in Verbindung mit Partnerschaften, wie z.B. eine Küche eines Alters- und Pflegeheims, die Schulen und ausserschulische Einrichtungen mit Warmverpflegung versorgt.

Direkte Verwaltung mit Ausschreibung auf Einladung

Die direkte (oder interne) Verwaltung gilt für grössere Gastronomiebetriebe, die sich für den Einkauf zusammenschliessen, einen Koch und in der Regel einen Einkaufsleiter/eine Einkaufsleiterin beschäftigen. Sie kaufen bei verschiedenen Lieferanten ein, häufig über Ausschreibungen für einen bestimmten Zeitraum, der von der Art des Produkts abhängt. Diese Art der Verwaltung betrifft Spitäler, Gefängnisse und einen Teil der öffentlichen Küchen für ausserschulische Einrichtungen, Grund- und Sekundarschulen.

Die konzessionierte Verwaltung (externe Verwaltung oder im Auftrag)

Dieses System basiert auf der Beauftragung eines externen Betreibers, wie z.B. eines spezialisierten Cateringunternehmens oder eines privaten Betreibers, der für alle Leistungen des Restaurants verantwortlich ist.

Die konzessionierte Verwaltung kann je nach Einrichtung und Cateringunternehmen variieren:

  • Die Mahlzeiten werden ausser Haus zubereitet und an das Restaurant geliefert (Fertigungsküchen).
  • Die Mahlzeiten werden vor Ort mit einem kleinen Küchenteam zubereitet, das vorzugsweise verbrauchsfertige Frischprodukte einkauft (Produktionsküche).
  • Der/die Standortleiter/in hat völlige Freiheit bei der Auswahl der Lieferanten und Produkte und muss seine Entscheidungen mit seinem Vorgesetzten absprechen.

Die Lieferanten werden in der Regel von der Einkaufszentrale zugelassen. Auswahlkriterien sind Einhaltung der Regeln der Qualitätssicherung und Rückverfolgbarkeit sowie die Gewährleistung einer regelmässigen Versorgung in Menge und Qualität. Die Küchenchefs/-chefinnen bestellen bei der Einkaufszentrale, werden aber direkt von den Lieferanten beliefert.

Das Cateringunternehmen erhält einen Betrieb für mehrere Jahre nach einer Ausschreibung des Auftraggebers. Die beiden Parteien sind durch einen Betriebsvertrag verbunden, in dem der Auftraggeber besondere Wünsche angeben kann, wie z.B. zweisprachiger Service, Ausbildung von Lehrnenden oder die Mitgliedschaft bei Fourchette verte. Eine Versorgung mit lokalen Produkten ist ebenfalls möglich (Fleisch, Brot, handwerklich hergestellter Apfelsaft…), jedoch nur auf ausdrücklichen Wunsch des Auftraggebers.

Kauf von regionalen Produkten

Laut einer von der AGRIDEA im Jahr 2012 durchgeführten Studie über die sechs Westschweizer Kantone werden bei den Einkaufspraktiken manchmal lokale Lieferanten bevorzugt2. Dies gilt insbesondere für Betriebe mit Selbstverwaltung und mit direkter Verwaltung mit Ausschreibung auf Einladung.

Die Versorgung mit regionalen Produkten in der Gemeinschaftsgastronomie bringt zahlreiche soziale, ökologische und wirtschaftliche Vorteile mit sich.

Beitrag zu einer nachhaltigen Ernährung

Eine regionale Beschaffung verkürzt die Transportwege. Obwohl die Verringerung der Lieferentfernung die Umweltbilanz der Produkte nur wenig beeinflusst, ist die Nähe zwischen den Akteuren ein entscheidender Faktor für die Umweltleistung der Lieferkette. Dank der Koordination und des Vertrauens zwischen den Akteuren ist es möglich, die Speisepläne an eine sparsame und saisonale landwirtschaftliche Produktion anzupassen, Verluste und Verschwendung in der Lieferkette zu begrenzen oder auch Transportverpackungen zu reduzieren3.

Die Schweizer Produktionsmethoden, die dem Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) unterliegen, tragen zu einer Landwirtschaft mit hohem ökologischem Wert bei. Darüber hinaus gibt es verschiedene Labels, die zusätzliche Garantien bieten (SUISSE GARANTIE, IP-SUISSE, Bio usw.).

Unterstützung der lokalen Wirtschaft und Kultur

Die lokale Versorgung erhöht die Marktanteile für regionale landwirtschaftliche Produkte und die Wertschöpfung im Kanton. Dies trägt insbesondere zur Erhaltung eines lebendigen Gefüges von Bauernfamilien und regionalen Unternehmen (Metzgereien, Grosshändler, Käsereien …) und traditionellem Know-how bei der Verarbeitung von Produkten (AOP / IGP) bei.

Beitrag zu einer hochwertigen Ernährung

Die Nähe erhöht auch die Lebensmittelsicherheit. Es ist schwierig, die Produktions- und Verarbeitungspraktiken in langen und komplexen Wertschöpfungsketten aus der Ferne zu kontrollieren. Die direkten Verbindungen zwischen Landwirtschaft und Küche, aber auch die kurzen regionalen Ketten zeigen, wie wichtig es ist, langfristige Handelsbeziehungen aufzubauen, um die Qualität und Sicherheit der Zutaten besser zu kontrollieren.

Schliesslich haben die Frische und die reife Ernte der Produkte sowie eine stärkere Beachtung der Saisonalität der Kulturen nachweislich ernährungsphysiologische Auswirkungen. Die Nähe zu den Lebensmitteln ermöglicht es auch, die Verwendung von Konservierungsstoffen bei verbrauchsfertigen Frischprodukten zu vermeiden.

AGRIDEA-Projekt «Nachhaltige, vermehrt regionale Versorgung der Gemeinschaftsgastgronomie», 2017-2019

Projektperimeter: Kantone Zürich, Zug, Schwyz, Schaffhausen und Teile der Kantone Aargau, Luzern, St. Gallen, Thurgau

Das Ziel des Projekts war, in den Gemeinschaftsgastronomie-Betrieben der öffentlichen Hand die Verwendung von regionalen Produkten zu fördern. Zu diesem Zweck wurden entsprechenden Entscheidungsträger für dieses Thema sensibilisiert. Das Projekt wurde im Rahmen des Pilotprogramms Handlungsräume Wirtschaft (PHR Wirtschaft) des SECO umgesetzt.

Mehr zum Projekt: «Nachhaltige, vermehrt regionale Versorgung der Gemeinschaftsgastronomie»

Massnahmen und Initiativen in Schweizer Städten

Einige Städte in der Schweiz sind sehr aktiv in Bezug auf die Nachhaltigkeit der Gemeinschaftsgastronomie. Studien wurden vom Zentrum für Entwicklung und Umwelt der Universität Bern durchgeführt. Die Ergebnisse sind auf ihrer Website verfügbar: Nachhaltigkeitsforschung: Städte für nachhaltige Ernährungssysteme – Centre for Development and Environment (CDE)

Es gibt auch eine Charta der Schweizer Städte und Gemeinden für eine nachhaltige Ernährung. Die Charta wurde am 4. März 2025 auf der Konferenz über «Die Rolle der Städte in nachhaltigen Ernährungssystemen» vorgestellt.

Mit ihrer Zustimmung bekräftigen die unterzeichnenden Städte und Gemeinden gemeinsam ihr politisches Engagement für den Übergang zu nachhaltigeren Nahrungsmittelsystemen.

Bund: Klimastrategie für Landwirtschaft und Ernährung 2050

Die Klimastrategie für Landwirtschaft und Ernährung 2050, die von drei Bundesämtern (BLW, BLV und BAFU) gemeinsam erarbeitet wurde, zielt darauf ab, die Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft und des Ernährungssystems an den Klimawandel zu stärken. Sie zielt auch darauf ab, die Emissionen aus diesen Sektoren zu verringern.

Innerhalb dieser Strategie gibt es eine spezifische Massnahme für die Gemeinschaftsgastronomie: K-03 Etablieren einer nachhaltigen Ernährung in der Gemeinschaftsgastronomie. In diesem Zusammenhang und im Rahmen der Schweizer Ernährungsstrategie 2017-2024 hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV Leitfäden entwickelt, die die Schweizer Qualitätsstandards in den Bereichen Business und Bildung in der Gemeinschaftsgastronomie definieren. Diese Referenzdokumente für die Schweiz richten sich an Fachleute und bieten Empfehlungen zu sechs Themenbereichen:

  • Kommunikation
  • Eine ausgewogene Ernährung
  • Nachhaltigkeit
  • Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und Verpackungsmaterial
  • Nutzung von Verkaufsautomaten
  • Umgang mit Allergien und Intoleranzen.

Neben den praktischen Leitfäden haben die Akteure der Gemeinschaftsgastronomie auch Zugang zu einem Online-Tool zur Selbstbeurteilung. Dieses Tool bietet kostenlose Empfehlungen und Informationen, wobei die Ergebnisse vertraulich behandelt werden. Die Ergebnisse können zur kontinuierlichen Verbesserung der Praktiken oder zur Aufwertung der durchgeführten Optimierungen sowohl intern als auch gegenüber den Kunden verwendet werden.

Das Ziel einer ausgewogenen und nachhaltigen Ernährung ist auch Teil der Schweizer Ernährungsstrategie 2025-2032.

Die Gemeinschaftsgastronomie in den Schweizer Kantonen

In einigen Kantonen war die regionale Versorgung in der Gemeinschaftsgastronomie Gegenstand verschiedener politischer Vorstösse. Diese politischen Vorlagen decken einen breiteren Bereich als nur die Frage der Gemeinschaftsgastronomie ab und befassen sich mit der Bedeutung regionaler Produkte und Unternehmen für die Lebensmittelversorgung auf kantonalem Boden. In mehreren Schweizer Kantonen wurden Massnahmen ergriffen, um eine nachhaltige Umgestaltung des Sektors der Gemeinschaftsgastronomie zu fördern. Diese Initiativen haben ihren Ursprung in der Regel in den kantonalen Landwirtschaftsgesetzen, den kantonalen Klimagesetzen und -massnahmen sowie in den Strategien und Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung.

Die Hauptthemen, die dort behandelt werden, sind :

  • Unterstützung der lokalen Landwirtschaft und ihrer Produkte sowie regionaler Lieferanten;
  • Kantonale Versorgung der Mensen und Restaurants des Staates;
  • Nachhaltige Entwicklung, kurze Produktionsketten;
  • Geschmack und gesunde Ernährung;
  • Ausbildung von Köchen.

Das Ziel dieser Seite ist es, einen Überblick über die verschiedenen Massnahmen und Initiativen zu geben, die von den Kantonen in der Schweiz eingeführt wurden und eine Querschnittsanalyse durchzuführen. Wir werden auch die bestehenden Instrumente und Zertifizierungen vorstellen, die in der öffentlichen Gemeinschaftsgastronomie verwendet werden. Die vorgestellten Daten basieren auf früheren Studien und Analysen der AGRIDEA, auf Dokumenten, die auf kantonaler Ebene und von anderen wichtigen Akteuren in der Gemeinschaftsgastronomie verfügbar sind. Diese Bestandsaufnahme für 2024-2025 ist auch das Ergebnis von Gesprächen mit den Verantwortlichen für die Umsetzung der Massnahmen auf kantonaler Ebene und wurde mit ihnen abgestimmt.



Impressum

Autor: Gregory Métrailler, AGRIDEA

Zusammenarbeit: Franziska Hoffet, Magali Estève, Astrid Gerz, AGRIDEA; Verantwortliche für die Massnahmen der verschiedenen Kantone

Web Support: Solomon Araya, AGRIDEA

Titelbild: ©EHL, Gastronomie, Jean-Marie Michel


  1. Agridea, Produits de proximité dans la restauration collective: état des lieux, 2012. ↩︎
  2. Ibid. ↩︎
  3. Simonin, H., Tanguy, C., Petit, G. & Lambert, C. (2024). Die Gemeinschaftsverpflegung, Vektor der Reterritorialisierung für eine nachhaltige Versorgung? Economie rurale, 387, 91-114. https://www.cairn.info/revue–2024-1-page-91.htm. ↩︎

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